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Niemand redet gern über das Lebensende. Auch die österreichische Politik tut sich mit klaren Positionen schwer.

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Der Tod hat nicht nur eine medizinische Dimension, sondern auch eine politische. Wie man die ethisch umstrittenen Fragen zum Lebensende rechtlich regelt, wird nicht von Ärzten oder Patienten entschieden, sondern vom Nationalrat. Dennoch ist das Thema Sterbehilfe tabu. Durchaus verständlich, denn es ist für niemanden leicht. Weder für schwer Erkrankte, die sich vor einem leidvollen Dahinsiechen am Lebensende fürchten, noch für die behandelnden Ärzte. Sie wollen Leben retten und Leid ersparen – dazwischen liegt eine Zone, die moralisch schwer auszuloten ist.

Auch die Parteien tun sich schwer. Im Rahmen ihres Pflegeschwerpunkts hat sich die Regierung zum Ausbau der palliativmedizinischen Versorgung – also der Schmerzlinderung bei unheilbaren Erkrankungen – bekannt. Wie die Gesellschaft jedoch mit Menschen umgehen soll, die wegen einer schweren Erkrankung ausdrücklich nicht mehr weiterleben wollen, erschließt sich daraus nicht. DER STANDARD hat daher nachgefragt, wie es die Parlamentsparteien mit den Fragen rund ums Sterben halten.

Neos beim assistierten Suizid für Lockerung

Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker spricht sich für die Erlaubnis des ärztlich assistierten Suizids aus. Die Wünsche seien so unterschiedlich wie das Leben selbst. Manche Menschen hätten ein großes Bedürfnis, "selbst in der Hand zu haben, ob und wie sie im Fall einer schweren unheilbaren Krankheit aus dem Leben scheiden". Für Loacker sollte für diese Menschen "die Möglichkeit des assistierten Suizids unter klaren Bedingungen eröffnet werden". Die Neos sprechen sich daher für eine Abänderung von §78 des Strafgesetzbuches aus, der in Österreich die Mitwirkung am Selbstmord generell unter Strafe stellt.

Auch beim Thema passive Sterbehilfe pocht Loacker auf die Autonomie des Sterbewunsches: "Entscheidend ist, dass der Patient so weit wie möglich entscheiden kann, was mit ihm passiert." Daher solle ihm auch der Verzicht auf eine lebensverlängernde Behandlung stets möglich sein. Trotz dieser grundsätzlich liberalen Position sind die Neos gegen die Erlaubnis der aktiven Sterbehilfe und wollen hier die Gesetze nicht aufweichen.

SPÖ gegen generelle Legalisierung

Das will auch die SPÖ nicht, die sich klar gegen aktive Sterbehilfe positioniert. Den assistierten Suizid betrachten die Sozialdemokraten differenzierter. Sie wollen zwar keine generelle Legalisierung, können sich jedoch eine Straffreiheit für Menschen vorstellen, die Angehörigen oder nahestehenden Personen mit einer unheilbaren Erkrankung beim Suizid Hilfe leisten. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim plädiert außerdem für die öffentliche Propagierung der Patientenverfügung (siehe Infobox unten). Diese Option soll "der breiten Masse bekannt gemacht werden" und kostengünstiger zugänglich sein als bisher.

Das sieht Jetzt-Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger-Vogtenhuber skeptisch. Zwar habe die Patientenverfügung ihre Berechtigung, sie befürchtet allerdings "einen ethischen Graubereich, indem man unterstellen könnte, der Staat wolle zum Nachteil der Patienten und einer möglichen Heilung lieber schnell die Geräte abschalten und Kosten sparen".

Ausführliche Expertendiskussion

Die Liste Jetzt kann sich grundsätzlich alle Formen der Sterbehilfe vorstellen, jedoch nur nach ausführlicher Abstimmung mit internationalen Experten auf dem Gebiet und in einem "äußerst engen Korsett". Zu diesem Korsett gehöre das Vorliegen einer unheilbaren Krankheit in fortgeschrittenem Stadium, die mit einer substanziellen Einschränkung der Lebensqualität einhergehe. Bei Vorliegen dieser Bedingungen müsse man Menschen die Möglichkeit geben, den Zeitpunkt, an dem sie aus dem Leben scheiden, selbst zu bestimmen.

Regierungsparteien defensiv

Die freiheitliche Gesundheitssprecherin Brigitte Povysil will am Verbot der aktiven Sterbehilfe festhalten. Eine klare blaue Position zum assistierten Suizid konnte hingegen trotz mehrmaliger Anfrage nicht eruiert werden. Anstelle einer dezidierten Antwort wurde das Thema mit einem Plädoyer für Palliativmedizin umschifft.

Eine präzis begründete Antwort gab es auch von der ÖVP nicht. In eher allgemeiner Form berichtete die türkise Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz, dass sie "für ein Leben und Sterben in Würde" sei. Was das konkret für den assistierten Suizid heißen könnte, bleibt offen. Sterbehilfe lehnt die ÖVP hingegen entschieden ab. (Theo Anders, 7.2.2019)