Regueb – Ganz Tunesien schaut nach Regueb. In der Kleinstadt im Zentrum des Landes schlossen die Behörden vor einer Woche eine Koranschule. Seither sorgen neue Enthüllungen für Schlagzeilen: 42 Kinder zwischen zehn und 17 Jahren lebten dort unter menschenunwürdigen Verhältnissen. Mehrere wurden geschlagen und sexuell missbraucht. Außerdem wurden sie zu schweren Feld- und Bauarbeiten herangezogen.

Doch was die tunesische Öffentlichkeit am meisten sorgt: Die Kinder wurden gezielt mit extremistischen Auslegungen des Korans indoktriniert. Mindestens drei Absolventen der Schule sollen sich in Syrien radikalislamistischen Milizen angeschlossen haben. Der Direktor, Farouk Zribi, wurde ebenso verhaftet wie ein 30-Jähriger, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. Zribi soll zudem ein Privatvermögen von 600.000 Euro angehäuft haben.

Reaktion auf Vorwürfe

"Tunesien ist ein ziviler Staat und duldet Indoktrinierung und Ausbeutung von Kindern nicht", sagte Regierungschef Youssef Chahed bei einem Besuch im Kinderheim unweit der Hauptstadt Tunis, wo die 42 Befreiten untergebracht wurden. Er enthob den Gouveneur der betroffenen Provinz sowie den örtlichen Delegierten des Amtes. Gegen 160 weitere Koranschulen wird laut Regierung ermittelt. Insgesamt soll es in ganz Tunesien mehr als 1600 religiöse Schulen mit rund 47.000 Schülern geben.

Die Regierung reagierte damit auf Vorwürfe der Opposition, sie sei untätig, wenn es um radikale Koranschulen ginge. Gegen die in Regueb gab es bereits 2015 einen Bescheid, sie zu schließen. Doch dieser wurde nicht umgesetzt, wie sich jetzt zeigte. Tunesiens Regierung wird von der islamistischen Ennahda unterstützt. Und diese verteidigt die Koranschulen. Im Falle von Regueb spricht Ennahda gar von einem "Komplott" gegen die islamische Bewegung. (rw, 8.2.2019)