"Was machen Sie denn so?" – Glenn Close als Joan Castleman beim Nobelpreisbankett neben dem schwedischen König. Das Gespräch währt nur kurz.

Foto: Meta Film London Ltd

Wie die Kinder hüpfen sie in ihrer kleinen Wohnung auf dem Bett herum. Die beiden sind jung und noch nicht lange zusammen. Sie skandieren: "Wir werden publiziert! Wir werden publiziert!" Der Mann, ein Autor und Uni-Dozent, hat gerade seine Familie verlassen. Die junge Frau ist seine talentierteste Schülerin und hat das Studium geschmissen, um mit ihm einen Traum zu leben. Es ist der Traum von einem Künstlerleben, das mit dem ersten Buchvertrag Fahrt aufnimmt.

40 Jahre später springt dasselbe, mittlerweile lang verheiratete Paar wieder auf dem Bett herum. In einem weit größeren diesmal, das im Schlafzimmer ihres stattlichen Anwesens steht. "Ich habe den Nobelpreis gewonnen! Ich habe den Nobelpreis gewonnen", ruft der Mann. – Es sind diese zwei kleinen Szenen, zwischen denen der schwedische Regisseur Björn Runge seinen Film Die Frau des Nobelpreisträgers oszillieren lässt. Wie das "Wir" des Anfangs nach und nach zum exkludierenden "Ich" werden konnte und was es damit auf sich hat, ist nur eine der Fragen, die dieser Film aufwirft, der auf Meg Wolitzers Romanvorlage Die Ehefrau basiert.

Stahlkäfig des Ich

Runge (57), der Anfang der 2000er-Jahre mit einer Filmtrilogie über Ausbrüche aus dem Stahlkäfig des Ich für Aufsehen sorgte und 2004 den silbernen Bären der Berlinale gewann, gilt als einer, der es versteht, Atmosphäre und emotionale Stimmungslagen plastisch werden zu lassen. Das gelingt ihm und vor allem den exzellenten Hauptdarstellern auch in seinem neuen Film zunächst recht gut. Jonathan Pryce, der zuletzt in Terry Gilliams The Man Who Killed Don Quixote den Ritter von der traurigen Gestalt gab, spielt den zauseligen Schriftsteller und frischgekürten Literatur-Nobelpreisträger Joe Castleman. Es handelt sich bei ihm um jene Sorte Mann, die selbstgefällig als wandelndes Werbebanner für sich selbst durch die Welt pflügt. Joe ist, um es in den Worten seiner Frau Joan zu sagen, ein "narzisstischer Mistkerl" – nicht nur wegen seiner Affären mit immer jüngeren Frauen.

Joan, dargestellt von der charismatischen Glenn Close, die sich mit dieser Rolle den Golden Globe Award erspielte und als Oscar-Favoritin gilt, ist in jeder Hinsicht die bessere Hälfte von Castleman. Sie agiert äußerst zurückhaltend, und es ist eine der Stärken des Films, dass die Abgründe und Demütigungen nur in der Mimik von Close angedeutet werden, etwa wenn sie ihrem gönnerhaften Mann zuhört.

Der Plot an sich ist schnell umrissen: Die Castlemans erreicht die Nachricht aus Stockholm, man fliegt zur Preisverleihung, wo es dann zum Eheshowdown kommt – und zum Lüften des Geheimnisses, das von Beginn an wie ein Damoklesschwert über der Beziehung schwebt.

Lebenslügen

Vieles spielt sich in diesem Kammerspiel in geschlossenen Räumen ab, im Flugzeug, im Haus, in der Schwedischen Akademie. Der zeitliche Rahmen wird durch Rückblenden in die 1950er- und 60er-Jahre, also zu den Anfängen der Beziehung, erweitert, wobei Harry Lloyd den jungen Joe und Glenn Close' Tochter Annie Starke die junge Joan spielt.

Die Frau des Nobelpreisträgers ist ein Film über den Zauber der Anfänge und den jähen Schrecken des Endes. Und es ist ein Film über Abhängigkeiten, Lebenslügen und Selbstaufopferung, der trotz seines ansprechenden Themenmix auf erstaunliche Weise misslungen ist.

Das mag auch mit Jane Andersons Drehbuch, das die vielschichtige Romanvorlage Wolitzers in Trümmer legt und den Plot auf Klischees reduziert, zu tun haben. Jenes der wehr- und hilflosen Frau ist nur eines davon. Es wird zum Glück von Close' Joan-Interpretation konterkariert, was den Film trotz allem sehenswert macht und ihm Szenen beschert, die man lange in Erinnerung behält: etwa jene kurze Sequenz nach der Nobelpreisverleihung, in der es Joan beim Bankett neben den schwedischen König verschlägt. Er fragt, was sie denn als Frau eines bedeutenden Mannes im Leben so treibe. Joans Antwort, die das Gespräch beendet: "Ich bin Königsmacherin." Jetzt im Kino (Stefan Gmünder, 8.2.2019)