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Robert Biedron gründete vergangenes Wochenende die Partei "Wiosna" (Frühling).

Foto: Slawomir Kaminski/Agencja Gazeta/via REUTERS

Robert Biedron ist ein Politiker, der mit seinem jungenhaften Lachen und seinen mitreißenden Reden problemlos tausende Menschen in seinen Bann ziehen kann. "Wiosna" (Frühling) heißt die Partei, die er vergangenes Wochenende in Polens Hauptstadt Warschau aus der Taufe hob. Ein Meer von blauen EU- und weiß-roten Polen-Fahnen wogte über den Köpfen, dazwischen hier und da auch die Regenbogenfahne der Schwulen- und Lesbenbewegung. "Wir wollen keinen polnisch-polnischen Krieg", ruft er aus dem Kegel des Scheinwerferlichts. "Wir wollen Dialog und gegenseitigen Respekt. Es war lange genug Winter in Polen. Es ist Zeit für den Frühling!"

Der aus dem Karpatenvorland stammende Politologe und LGBT-Aktivist hatte sich 2002 zunächst der Links-Allianz (SLD) angeschlossen, wechselte 2010 zur antiklerikalen Palikot-Bewegung und kam 2011 als erster offen homosexueller Abgeordneter ins polnische Parlament. 2014 wurde er Bürgermeister der 92.000-Einwohner-Stadt Slupsk nahe der Ostsee, fortan war er einer der bekanntesten Lokalpolitiker Polens.

Mindesteinkommen und Abtreibungsrecht

Doch nun zieht es ihn zurück nach Warschau. "Ich will polnischer Premier werden", verkündet Biedron seit kurzem in Talkshows – und fordert dabei unter anderem ein höheres Mindesteinkommen, die strikte Trennung von Staat und Kirche und ein Abtreibungsrecht bis zur zwölften Schwangerschaftswoche.

Als neue Partei, die direkt in den Wahlkampf zu den EU-Wahlen im Mai startet, hat der Frühling gute Chancen, einige Kandidaten ins Europäische Parlament zu bringen. Doch auch in der nationalen Politik sind seine Aussichten nicht schlecht. Umfragen schreiben der Partei inzwischen bis zu 14 Prozent der Stimmen zu, sollten am nächsten Sonntag Parlamentswahlen sein. Damit wäre der Frühling drittstärkste Kraft – nach der regierenden nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 29 Prozent und der liberal-konservativen Bürgerkoalition (KO) mit 20 Prozent.

Mit dem Vorwurf, die Opposition zur PiS mit seiner Neugründung zu schwächen, muss Biedron vorerst leben. Zunächst müsse sich der Frühling in Polens Parteienlandschaft profilieren. Erst wenn das geschafft ist, stellt sich für Biedron die Frage nach einer großen Anti-PiS-Koalition. (Gabriele Lesser aus Warschau, 7.2.2019)