Ein Mitarbeiter prüft tonnenschwere Rohre für die zukünftige Ostsee-Erdgastrasse Nord Stream 2.

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Brüssel – Das Projekt der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll, kann offenbar weiter gebaut werden. Die EU-Botschafter stimmten am Freitag nach Angaben von Diplomaten für einen von Deutschland und Frankreich eingebrachten Vorschlag zur Gas-Richtlinie der EU. Das Mandat auf Basis des deutsch-französischen Kompromisses sei erteilt worden.

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission hätte vorgesehen, dass die Entflechtungsregeln der EU – Trennung zwischen Betreiber und Eigentümer – auch auf Konzerne aus Drittstaaten wie Gazprom anwendbar wären. Dies wäre nach Ansicht von Experten das Aus für Nord Stream 2, an deren Finanzierung auch die österreichische OMV beteiligt ist. Die Regeln der EU sollten nach dem deutsch-französischen Kompromiss in eingeschränkter Form gelten, ohne dem Projekt ein Ende zu bereiten, hieß es. Der neue Vorschlag sei mit viel Wohlwollen aufgenommen worden.

Russland beschwert sich

Im Streit Nord Stream 2 durch die Ostsee hat der russische Vizeaußenminister Wladimir Titow zuvor Druck auf die russische Wirtschaft beklagt. Mit künstlichen Hindernissen bei der Umsetzung großer Projekte wie Nord Stream 2 wolle man einen unlauteren Wettbewerb schaffen, sagte Titow der russischen Tageszeitung "Iswestija" in einem am Freitag veröffentlichten Interview.

Russland hoffte am Vormittag noch, dass die EU-Staaten sich gegen die Änderung aussprechen werden. "Wir haben die Hoffnung, dass die EU-Mitglieder von ihren eigenen nationalen Interessen, ihrer nationalen Wirtschaft und natürlich die der europäischen Verbraucher geleitet werden", sagte Maria Sacharowa, Sprecherin des Moskauer Ministeriums. Man solle keinen antirussischen Anweisungen folgen, die regelmäßig aus den USA kommen würden.

Frankreich hatte bei der EU-Gasrichtlinie lange Deutschland unterstützt, dann aber am Donnerstag überraschend angekündigt, für die Richtlinie stimmen zu wollen. Die Mehrheitsverhältnisse in der EU würden sich damit aller Voraussicht nach entscheidend verändern und zu einer Annahme der Richtlinienvorschläge führen. Das würde nicht automatisch das Ende des milliardenschweren Pipelineprojekts bedeuten, es aber wirtschaftlich weniger interessant machen. Zudem würde sich die Frage stellen, wie stabil und eng die oft beschworene deutsch-französische Partnerschaft wirklich ist.

Viele Auflagen

Zusätzliche Auflagen könnten das Projekt weniger profitabel oder sogar unwirtschaftlich machen. Eine Auflage sieht zum Beispiel vor, dass ein Gaslieferant nicht gleichzeitig Betreiber einer Leitung sein darf. Bei Nord Stream 2 ist dies bis jetzt der Fall. Das Projekt wird von dem russischen Energiekonzern Gazprom gesteuert.

Durch die 1.200 Kilometer lange Leitung sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland an Drittstaaten wie der Ukraine oder Polen vorbei durch die Ostsee nach Deutschland transportiert werden können. Ende 2018 waren bereits 370 Kilometer der Rohrleitung verlegt. Die baltischen Staaten und Polen sehen die Trasse als Gefahr für ihre Sicherheit. Die Ukraine befürchtet den Verlust von Milliardeneinnahmen als Transitland für russisches Gas. Die USA warnen vor einer zu großen Abhängigkeit Europas von Russland. Zudem wollen sie selber Gas in Europa verkaufen. (APA, 8.2.2019)