Windturbinen werden mehr und größer. Auch deshalb ist ihr Anteil an der Stromerzeugung in Deutschland bis 2014 auf 9,1 Prozent gestiegen – das entsprach 58,9 Terawattstunden.

Foto: Axel Kleidon

Die Energieversorgung in Deutschland hat einen neuen Rekordwert erreicht: Fast 40 Prozent des erzeugten Stroms kamen in unserem Nachbarland im Jahr 2018 aus erneuerbaren Quellen, allein 17 Prozent aus Windkraft. Wie nun Forscher des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie festgestellt haben, trägt die Windenergie damit etwa in dem Maße zum Strommix bei, wie unter den Windbedingungen in Deutschland zu erwarten ist.

Der Blick auf manchen Windpark macht skeptisch: Oft stehen einzelne Turbinen still. Dieser Eindruck passt nicht zu der Maßgabe, dass die Windenergie intensiv genutzt werden soll, um den Anforderungen der Energiewende zu genügen. Vor dem Hintergrund fragen auch Wissenschafter in den vergangenen Jahren zunehmend, ob der zu erwartende Beitrag der Windenergie zum Strommix nicht überschätzt wird. Sonja Germer und Axel Kleidon, die am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena forschen, haben jedoch festgestellt, dass Windturbinen in Deutschland gut 73 Prozent der theoretisch möglichen Energie liefern. "Unserer Untersuchung zufolge nutzen die Turbinen den Wind bislang größtenteils effektiv und tragen so zum Erfolg der Energiewende bei", sagt Axel Kleidon.

Effizienz von 25 Prozent

In ihrer im Fachjournal "PLoS One" veröffentlichten Studie, die den Zeitraum 2000 bis 2014 umfasst, kombinierten die Forscher Daten des Deutschen Wetterdiensts (DWD) zu Windfeldern mit Angaben zu den Standorten und technischen Eigenschaften der Windräder. So bestimmten sie, wie viel Strom die Turbinen bei den gegebenen Windverhältnissen idealerweise erzeugen sollten. Demnach beträgt die im besten Fall zu erwartende Effizienz der Windturbinen, also das Verhältnis von tatsächlicher Strommenge zur Fähigkeit der Generatoren, Strom zu erzeugen, etwa 25 Prozent oder rund 2300 Vollaststunden pro Jahr.

"Diese erwartete Effizienz scheint vergleichsweise niedrig", sagt Axel Kleidon. "Sie ergibt sich aber aus der ungleichen Verteilung von Windgeschwindigkeiten." Während der Hälfte der Zeit wehen Winde in Deutschland mit weniger als 20 Kilometern pro Stunde, sodass Turbinen während dieser Zeit höchstens 10 Prozent ihrer Kapazität nutzen können.

Den unter diesen Bedingungen zu erwartenden Stromertrag verglichen die Forscher für etwa ein Viertel der Anlagen, für die Daten zur erzeugten Leistung zugänglich waren, mit der tatsächlichen Strommenge. Die Forscher untersuchten zudem, welche Faktoren die real von aus der Windenergie erzeugte Strommenge reduzieren. Demnach schmälerte das Altern der Windkraftanlagen den Ertrag in 2014 immerhin um knapp sieben Prozent. Das liegt auch daran, dass im Zeitraum von 2000 bis 2014 das mittlere Alter der Windkraftanlagen in Deutschland von 3,8 Jahren auf 10,8 Jahre stieg.

Rätselhafte Differenz

Da Turbinen in Windparks oft im Windschatten anderer Anlagen stehen, verringert sich die Ausbeute um weitere etwa zwei Prozent. Die Wissenschafter beobachten allerdings auch eine konstante Differenz zwischen tatsächlichem und prognostiziertem Ertrag von bis zu 20 Prozent, die sie nicht erklären können. Die einzelnen Beiträge, mit denen die Forscher die Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Stromertrag begründen, lassen sich jedoch nicht einfach summieren, da der Zusammenhang zwischen den Faktoren nicht linear ist.

Den Unterschied zwischen erwartetem und tatsächlichem Stromertrag berücksichtigten die Forscher, um auf der Basis der erzeugten Strommenge den tatsächlichen Ertrag aller Windkraftanlagen in Deutschland zu ermitteln. Die erzeugte Strommenge ist demnach zwischen 2000 und 2014 von 9,1 auf 58,9 Terawattstunden pro Jahr gestiegen. Das entspricht einem Anteil von 1,6 Prozent der bundesdeutschen Stromerzeugung im Jahr 2000 und 9,1 Prozent in 2014. Diese Zahlen decken sich sehr gut mit den Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Leistung der Windkraftanlagen in Deutschland. (red, 9.2.2019)