Die oftmals in Zusammenhang mit Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geforderte "Wahlfreiheit" scheint für Väter nicht zu gelten. Da das Postulat der Wahlfreiheit meist von konservativen familienpolitischen Idealen geprägt ist, ist damit in erster Linie die Wahl zur möglichst langen Abwesenheit der Frauen vom Arbeitsmarkt gemeint. Interessanterweise werden in diesem Zusammenhang nicht die negativen Auswirkungen des Ausfalls der weiblichen Arbeitskräfte, weder für die Frauen selbst noch für die Unternehmen, diskutiert.

In der aktuellen – wenn auch nicht neuen – Debatte um die Beteiligung von Vätern an der Kinderbetreuung wird hauptsächlich auf die negativen Folgen für "die" Wirtschaft und für "die" Unternehmen fokussiert. Dabei wird völlig vergessen, auf die tatsächlichen Bedürfnisse und Wünsche der Väter oder der Unternehmen einzugehen und die Erfahrungen in Österreich oder in anderen Ländern, die es in diesem Bereich gibt, in die Debatte einzubeziehen.

Pioniere und Rollenvorbilder

Im Projekt "Männer und Vereinbarkeit von Beruf und Familie" wurde genau das gemacht. Untersucht wurde unter anderem, welche Erfahrungen in Unternehmen unterschiedlicher Größe mit Väterkarenz und verkürzter Arbeitszeit vorliegen. Im Fokus standen ausschließlich männerdominierte Branchen, also jene, in denen mehr als 70 Prozent der Beschäftigten Männer sind: Bau, Herstellung von Waren, Verkehr sowie Information und Kommunikation.

Die Ergebnisse zeigten, dass sich auch in diesen Bereichen Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum Großunternehmen finden lassen, in denen positive Erfahrungen mit Elternkarenz von Vätern gemacht wurden. Dabei hatten es die Pioniere, also jene Männer, die als Erste in einem Unternehmen in Elternkarenz gingen, nicht immer einfach, aber sie bereiteten gewissermaßen den Weg für andere. "Der Erste geht in Karenz und der Zweite sagt, was der kann, das kann ich auch", kommentierte dazu ein Beschäftigter.

Aus Sicht der Unternehmen lässt sich eine Abwesenheit von zwei Monaten relativ einfach organisieren.
Cartoon: Felix Grütsch

Hier sieht man eine deutliche Veränderung zu früheren Generationen von Männern, sowohl bei Beschäftigten als auch bei Führungskräften. Deutlich mehr Männer als früher haben den Anspruch und den Wunsch, Zeit mit den Kindern zu verbringen und ihr Engagement für die Familie nicht ausschließlich als "Familienerhalter" zu erleben. Viele der befragten Führungskräfte waren selbst in familiärer Auszeit und beschreiben diese Zeit als sehr wichtig und als prägend für ihre Haltung als Vorgesetzte. Sie werden auch als Rollenvorbilder für Beschäftigte im Unternehmen wahrgenommen.

Kurze Väterkarenz

In den meisten betrieblichen Fallbeispielen war ein Schwerpunkt auf kurzer Väterkarenz zu beobachten, also meistens eine Inanspruchnahme von zwei Monaten. Aus Sicht der Unternehmen lässt sich eine Abwesenheit von zwei Monaten relativ einfach organisieren. Längere Abwesenheiten werden von Vorgesetzten, aber auch von Beschäftigten selbst, problematischer gesehen und oft wird mit einer "Unersetzbarkeit" argumentiert. Hier benötigt es noch ein Umdenken und eine Bereitschaft zur Umorganisation in den Betrieben, so wie das bei weiblichen Beschäftigten der Fall ist.

Die österreichische Praxis zeigt, dass die Anzahl der nicht übertragbaren Monate der Elternkarenz (also zwei Monate) häufig als Standard für die tatsächliche Inanspruchnahme von Vätern gilt. So könnte die Ausdehnung nicht übertragbarer Zeiträume in der Elternkarenz ein Weg sein, um die väterliche Be teiligung an der Familienarbeit zu erhöhen, wie auch das Beispiel Island zeigt. In Island nehmen seit der Einführung eines nicht übertragbaren Zeitraums von drei Monaten – bei insgesamt neun Monaten Elternkarenz – 90 Prozent der Väter diese Karenzzeiten in Anspruch.

Großer Nachholbedarf

Die meisten der im Rahmen der Betriebsfallstudien befragten Väter wollten die ersten Wochen nach der Geburt eines Kindes zu Hause verbringen. Da allerdings in keinem der Betriebe der Papamonat (Väterfrühkarenz) vorgesehen war, organisierten viele Befragte mittels längerer Urlaubsphasen, in dieser Zeit zu Hause bleiben zu können. Eine gesetzliche Verankerung der Väterfrühkarenz und ein Einkommensersatz würden den Wünschen der jungen Väter entsprechen und wären ein klares Signal in Richtung Anerkennung der Väterbeteiligung.

Die österreichische Gesellschaft und die Politik haben noch viel Nachholbedarf, wenn es um die aktive Beteiligung von Männern an der Kinderbetreuung geht. Ein abgesicherter Papamonat und eine Erhöhung der Karenzzeiten sowie Elternteilzeit von Männern wären wichtige Schritte, um Betreuungsarbeit zu einem "Männerthema" zu machen und damit zu einer elterlichen und betrieblichen Normalität zu werden. (Claudia Sorger, 9.2.2019)