Bei dem Verletzten handle es sich um einen Fotografen der "Gelbwesten". Er habe die heranfliegende Granate mit der Hand abwehren wollen, "daraufhin ist sie explodiert, als er sie berührte", sagt ein Augenzeuge.

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Paris – Rund drei Monate nach Beginn der Proteste ist es bei "Gelbwesten"-Demonstrationen in Paris erneut zu Ausschreitungen gekommen. Besonders vor der Nationalversammlung gab es am Samstag Zusammenstöße zwischen "Gelbwesten"-Aktivisten und den Sicherheitskräften. Dabei wurde mindestens ein Mensch schwer verletzt. Tausende gingen neben Paris unter anderem in Bordeaux, Toulouse und Lyon auf die Straße.

Am Samstag versammelten sich in Paris und in anderen französischen Städten zum 13. Mal "Gelbwesten", um gegen die Politik der Regierung von Präsident Emmanuel Macron zu demonstrieren. Die Bewegung hatte im November mit Protesten gegen geplante Benzinpreiserhöhungen begonnen, richtet sich inzwischen aber allgemein gegen die Reformpolitik der Mitte-Regierung Macrons. Ihren Namen hat die Bewegung von den gelben Warnwesten, die die Demonstranten tragen.

Vier Finger verloren

Einige "Gelbwesten"-Aktivisten sollen in Paris versucht haben, Zäune am Eingang der Nationalversammlung – dem Unterhaus des französischen Parlaments – zu durchbrechen, wie der Sender Franceinfo berichtete. Sicherheitskräfte versuchten, das zu verhindern.

Dabei kam es zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, bei denen sich ein Mensch sehr schwer an der Hand verletzt hat. Der Sender BFM TV berichtete unter Berufung auf die Polizeipräfektur, dass der Mann mindestens vier Finger verloren habe. Das Opfer trug keine gelbe Weste, es soll sich aber um einen Fotografen der "Gelbwesten" handeln. Die genaue Ursache war noch unklar, Berichten zufolge soll eine Blendgranate für die Verletzung verantwortlich sein.

Brennende Fahrzeuge, eingeschlagene Scheiben

Die Demonstranten zogen am Nachmittag weiter auf der linken Seine-Seite in Richtung Champ de Mars, der großen Grünfläche vor dem Eiffelturm. In der Gegend ging am frühen Abend ein Auto der Anti-Terror-Operation Sentinelle in Flammen auf. "Die Soldaten der Mission Sentinelle schützen unsere Landsleute täglich vor dem Risiko des Terrorismus. Diese Angriffe sind unerträglich", schrieb Innenminister Christophe Castaner auf Twitter.

Auf TV-Bildern waren brennende Fahrzeuge und eingeschlagene Scheiben in der französischen Hauptstadt zu sehen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Zahlreiche Demonstranten zogen aber auch friedlich in Paris und anderen Städten durch die Straßen. Bis zum Abend zählte das Innenministerium 51.400 Demonstranten im ganzen Land, davon rund 4000 in Paris. Am vergangenen Wochenende waren es 58.600 landesweit und 10.500 in der Hauptstadt. Dutzende Menschen wurden festgenommen.

"Zeit, mit der Gewalt aufzuhören"

Nach dem versuchten Brandanschlag auf das Haus des Präsidenten der französischen Nationalversammlung hat Innenminister Christophe Castaner Stimmungsmache gegen Repräsentanten der Demokratie angeprangert. "Vielleicht ist es Zeit, mit der Gewalt aufzuhören", sagte Castaner am Samstag bei einem Besuch im nordfranzösischen Arcueil.

"Vielleicht ist es an der Zeit, das systematische Infragestellen von Repräsentanten der Demokratie, das systematische Infragestellen von unseren Ordnungskräften zu beenden." Der Vorsitzende der Nationalversammlung, Richard Ferrand, hatte am Freitagabend Anzeige erstattet wegen des vorsätzlichen Versuchs, sein privates Domizil in der Bretagne in Brand zu stecken. An einem "kriminellen Ursprung" dieses Vorfalls gebe es "keinen Zweifel", erklärte der Politiker, der der Partei La Republique en Marche (Die Republik in Bewegung) von Präsident Emmanuel Macron angehört.

Wegen Ausschreitungen im Zuge der seit November andauernden "Gelbwesten"-Proteste gegen Macron seien die französischen Sicherheitskräfte "präsent", sagte Castaner. Ihm wäre es lieber, wenn sich die Sicherheitskräfte auf die alltäglichen Probleme der Franzosen konzentrieren könnten "und nicht auf die Handhabung einiger Personen, denen es im Grunde darum geht, unseren Sicherheitskräften zu schaden, unseren Institutionen zu schaden" oder "Parlamentarier zu bedrohen". (APA/AFP, 9.2.2019)