Rosamunde Pilcher ist vor sechs Tagen gestorben, Thomas Bernhard vor dreißig Jahren. Wie es der Zufall will, treffen die beiden dieser Tage in Feuilleton und Kulturteil ständig aufeinander. Es ist, als drängte sich ein Vergleich förmlich auf.

Pilcher sieht das Leben von der rosaroten Seite (denn immer dräut der Liebesrausch), bei Bernhard hört man, nun ja: auch kritische Töne. Die typische Pilcher-Figur ist Hotelbesitzer, Immobilienmakler, höhere Tochter oder sonst wie betucht. Bei Bernhard dominieren erzkatholische Kulturzerstörer, Poltermimen, Staatspfründner, Ignoranten und Wahnsinnige.

Ein Pilcher-Buch endet tendenziell mit einer Doppelhochzeit in Cornwall, ein Bernhard-Buch mit einem Doppelsuizid im Tennengau. Bei Pilcher herrscht, Liebesstürme ausgenommen, gutes Wetter (Erdbeeren im Frühling), bei Bernhard Frost. Wörter, die man bei Bernhard öfter findet als bei Pilcher, sind Geistesnieten, Nazinest und alpenländische Infamie.

Pilcher war fröhliche Zynikerin (ob die Leser ihre Bücher für Schmarren hielten, war ihr egal, Hauptsache, sie wurden gekauft), Bernhard dagegen war melancholischer Idealist. Oder gar Realist?

Was lernen wir aus alldem? Dass sich unter der Bezeichnung "Schriftsteller" sehr Disparates verbergen kann. Und, wenn sich Thomas und Rosamunde je über den Weg gelaufen wären: Hätte das die große Liebe werden können? (Christoph Winder, 10.2.2019)