Ungarns nationalkonservativer Premier Viktor Orbán will mit beträchtlichen finanziellen Anreizen die niedrige, aber durchaus im mitteleuropäischen Schnitt liegende Geburtenrate seines Landes erhöhen. Fast alle Maßnahmen, die er am Wochenende in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation verkündete, würden ab Juli 2019 umgesetzt, gab die zuständige Staatssekretärin im Ministerium für Humanressourcen, Katalin Novák, am Montag in Budapest bekannt.

Es sind sieben Punkte, die das Kinderkriegen lukrativ machen sollen. Unter anderem kann künftig jede Frau unter 40, die zum ersten Mal heiratet, einen Kredit in Höhe von zehn Millionen Forint (etwa 31.250 Euro) zur freien Verwendung in Anspruch nehmen. Die Rückzahlung wird bei der Geburt des ersten Kindes drei Jahre lang ausgesetzt. Nach dem zweiten Kind wird ein Drittel des Kredits, nach dem dritten der gesamte Kredit erlassen.

Außerdem werden die Kreditprogramme für den Erwerb von Wohnraum ausgeweitet. Familien mit mindestens drei Kindern erhalten beim Kauf eines mindestens siebensitzigen Fahrzeugs zudem einen staatlichen Zuschuss von umgerechnet etwa 7800 Euro. Frauen, die vier oder mehr Kinder aufziehen oder aufgezogen haben, sollen künftig bis an ihr Lebensende von der Einkommenssteuer befreit sein. "Das ist die Antwort der Ungarn auf den Geburtenrückgang, nicht die Migration", unterstrich Orbán in seiner Rede vor einem handverlesenen Publikum.

Gegen die eigene Fraktion

Die predigtartige Ansprache diente auch dem Warmlaufen für die Europawahl im Mai. Die Regierungspartei Fidesz kann dort mit einer satten Mehrheit der ungarischen Mandate rechnen. Sie gehört – wie auch die ÖVP – der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Orbán klang aber am Sonntag erneut eher so, als ginge er zusammen mit Matteo Salvinis Lega oder der deutschen AfD auf Stimmenfang.

"Wir stoppen die migrationsfördernde Mehrheit", tönte er – jene Mehrheit, die derzeit von der EVP und den Sozialdemokraten gebildet wird. Aber diese Kräfte würden ja, so Orbán, vom liberalen US-Milliardär George Soros gesteuert, der den sinistren Plan verfolge, Europa mit muslimischen Einwanderern zu überschwemmen. Wer die Migration unterstützt, "erzeugt in Wirklichkeit eine Mischbevölkerung", behauptete er.

Die zunehmende Anlehnung Orbáns an Russland und China irritiert wiederum die USA. Am Montag traf US-Außenminister Mike Pompeo zu Beginn einer Rundreise durch Ostmitteleuropa in Budapest ein. Man habe sich zuletzt zu wenig in Mitteleuropa engagiert, in das "Vakuum" seien Moskau und Peking gestoßen, hieß es im Vorfeld aus Washington. Orbán gelte der US-Administration als besonders problematisch, schrieb das Wall Street Journal schon vor zwei Wochen.

Unter anderem blockiert das Nato-Mitgliedsland Ungarn mit seinem Veto die Einberufung des Nato-Ukraine-Rats. Auch vertrieb Orbán die von Soros gegründete amerikanische Central European University (CEU) aus Budapest. "Man beginnt sich zu fragen, ob man sich auf ihn noch verlassen kann", hatte das Wall Street Journal damals einen namentlich nicht genannten US-Beamten zitiert. (Gregor Mayer aus Budapest, 11.2.2019)