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Wer unaufgefordert ein Amazon-Packerl erhält, das nicht offenkundig irrtümlich zugestellt wurde, darf es behalten.

Foto: Reuters

In Deutschland mehren sich Berichte über die Zustellung nie bestellter Amazon-Sendungen. Was klingt wie eine Masche von Betrügern, um von verunsicherten Empfängern Geld zu bekommen, ist allerdings tatsächlich eine Geschenkeflut. Den Paketen liegen keine Lieferscheine oder Rechnungen bei, und auch zu Kontoabbuchungen oder Einbrüchen in Amazon-Accounts ist es in diesem Bezug noch nicht gekommen. Die erhaltenen Waren müssen nicht retourniert werden, sagt Amazon.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen berichtet gleich von einer Reihe von Fällen, in denen unerwartet Sendungen mit Amazon-Label bei verschiedenen Menschen angekommen sind. Eine Frau erhielt auf diese Weise etwa ein neues Smartphone im Wert von etwa 200 Euro. Die Bandbreite der Waren ist groß und reicht von Zubehör wie Ladekabeln bis hin zu Sexspielzeug.

Manchen "Beschenkten" geht es mittlerweile zu weit. Nach elf nie angeforderten Paketen versucht ein Mann aus Solingen Amazon gerichtlich zu verpflichten, keine Lieferungen an seine Adresse mehr zuzustellen. Der IT-Riese hat nach eigenen Angaben mit der Angelegenheit allerdings nichts zu tun.

Ranking-Betrug oder "Entsorgung"?

In Verdacht stehen Händler, die Amazon als Verkaufsplattform nutzen. Diesen händige man keine Adressen aus, sagt das Unternehmen. Dementsprechend wird nach wie vor gerätselt, was es mit den Zusendungen auf sich hat. Es gibt zwei Theorien.

Die erste ist, dass asiatische Händler ein zweites Amazon-Konto anlegen und dafür willkürlich Namen und Adresse aus dem Telefonbuch wählen. Mit diesen Konten bestellen sie dann Produkte aus ihrem eigenen Angebot. Dadurch werden die Angebote in der Suche besser gereiht, und sie können noch dazu Bewertungen hinterlassen, die dank des Zusatzes "verifizierter Kauf" authentisch wirken.

Die zweite Vermutung lautet, dass einige Anbieter auf diese Weise teuren Lagerplatz freiräumen. Statt Produkte zurück nach China zu schicken, ist es günstiger, sie durch zufällige Zustellungen zu "verteilen". Gerade bei teureren Geräten ist diese Erklärung allerdings nicht plausibel.

Amazon sauer, Ware kann behalten werden

Amazon jedenfalls ist von den Vorgängen nicht begeistert und spricht von "betrügerischem" Verhalten. Händlern, die des Versands nicht bestellter Waren überführt werden, droht der Ausschluss. Die Empfänger trifft jedenfalls keinerlei Verpflichtung. Sie müssen die erhaltenen Produkte nicht aufbewahren, sondern können sie selbst verwenden oder weitergeben, schreibt die Verbraucherschutzzentrale. Das würde auch gelten, wenn ein Lieferschein oder eine Rechnung beiliegen würden.

Auch in Österreich und der Schweiz kann man ungefragt Zugeschicktes behalten, informieren die Arbeiterkammer und der SRF. Eine Ausnahme stellen jedoch irrtümliche Lieferungen dar, etwa daran erkennbar, dass ein anderer Name auf der Rechnung steht. Hier gilt es dann, dem Absender zeitnah Bescheid zu geben. Dieser muss auch die Kosten für eine Rücksendung tragen. (gpi, 12.2.2019)