Wien – In keinem europäischen Land ist der Anteil der Frauen unter Opfern von Tötungsdelikten höher als in Österreich. Darauf wies die Grüne Bundesrätin Ewa Dziedziec anlässlich des Internationalen Aktionstags gegen Gewalt an Frauen am Valentinstag hin. Sie und VertreterInnen aller weiteren Oppositionsparteien übten am Dienstag massive Kritik an der von der Regierung geplanten Strafverschärfung bei Gewaltdelikten.

Die Pläne sehen unter anderem eine höhere Mindeststrafe für Vergewaltigung und fortgesetzter Gewaltausübung vor. Das wird als kontraproduktiv erachtet, weil es nach Ansicht von ExpertInnen Frauen, die von Gewalt in der Familie betroffen sind, von Anzeigen abhält.

210 Millionen Euro

Nach Angaben von Jetzt-Chefin Maria Stern betragen die volkswirtschaftlichen Kosten in Folge häuslicher Gewalt in Österreich 3,7 Milliarden Euro pro Jahr. Im Sinne eines "Sparpakets" fordert sie 210 Millionen Euro für Opferschutz und Täterarbeit. "Der Nährboden von genderbasierter Gewalt ist unter anderem die finanzielle Abhängigkeit von Frauen bzw. Frauenarmut", sagte die Chefin der Liste Jetzt bei einer Pressekonferenz. Sie fordert unter anderem die Einführung einer Unterhaltssicherung, damit von Gewalt betroffene Frauen nach der Trennung als Alleinerzieherinnen nicht in der Armut landen.

Die frühere SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kritisierte neuerlich die Kürzung von Subventionen für Frauenschutzeinrichtungen und verlangt drei Millionen zusätzlich für Gewaltschutz – zwei Drittel davon für Beratungseinrichtungen, ein Drittel für Täterarbeit. "Das hat der Finanzminister locker", meinte die Frauenvorsitzende ihrer Partei und konstatierte: "Frauenpolitik existiert nicht in diesem Land."

Gewalt als Männerproblem

Niki Scherak von den NEOS erachtet Gewalt gegen Frauen als Männerproblem. "Täterarbeit, Männerberatung und Gewaltprävention gehören massiv ausgebaut", sagte der Nationalratsabgeordnete. Aktuell nähmen nur drei Prozent der Männer, über die ein Betretungsverbot verhängt wurde, an einem Anti-Gewalt-Training teil. "Daran sehen wir, dass wir ein grundlegendes Problem haben", erklärte Scherak. Im Sinn von Prävention fordert er mehr Bewusstseinsbildung an Schulen mit dem Fokus auf Buben und junge Männer.

Gerade hier werde gespart, beklagte Aiko Kazuko Kurosaki, die künstlerische Leiterin der heuer zum siebenten Mal in Österreich stattfindenden Aktion "One Billion Rising" mit getanzten Kundgebungen am Valentinstag. Workshops in Schulen würden seit diesem Jahr nicht mehr unterstützt, sagte Kurosaki. Dass im Rahmen der – in New York entstandenen und von Dziedzic nach Österreich geholten – Aktion ausgerechnet getanzt wird, hat unter anderem damit zu tun, dass Frauen das Tanzen an öffentlichen Orten nicht überall auf der Welt gestattet ist. Eine Milliarde (one billion) bezieht sich auf die Zahl der weiblichen mutmaßlichen Gewaltopfer. (APA, 12.2.2019)