Im U-Ausschuss überschattete eine neue Personalie im BVT die aktuellen Untersuchungsgegenstände

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Über ihre Kollegen von der Einsatzgruppe für Straßenkriminalität (EGS) kann Extremismusreferatsleiterin Sibylle G. nichts Schlechtes sagen. Diese hätten zwar ihr Büro bei der Razzia im BVT intensiv untersucht, obwohl G. nur Zeugin war, doch für diesen Auftrag konnten die Polizisten ja nichts. "Schon am Nachmittag sind wir zusammengesessen und haben geraucht", sagt G. vor dem U-Ausschuss zum Verfassungsschutz.

Das beschreibt das Wesen der Extremismusreferatsleiterin G. schon gut: resch, direkt und "gfeanst". So sorgt sie mit ihren Antworten immer wieder für Amüsement bei den Abgeordneten, auch wenn diese inhaltlich für Aufregung sorgen.

Gerüchte über "Major F."

So berichtet G. etwa über einen neuen Kollegen, den "Major F.", der offenbar für die Leitung des neu geschaffenen Referats 6 für Observationen vorgesehen ist. F. kommt aus dem Bundesheer, er prahlt angeblich damit, beim Waterboarding von Taliban dabei gewesen zu sein. Außerdem soll F. den Test beim heereseigenen Abwehramt nicht geschafft haben, dafür aber disziplinarrechtlich wegen Mitnahme von Bundesheer-Gegenständen geprüft worden sein.

Das Bundesheer bestätigte auf Anfrage des STANDARD, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. BVT-Chef Gridling, der nach G. geladen war, konnte zu F. nur wenig sagen. Nach einer Medienanfrage informierte er jedoch das Innenministerium über die Foltergerüchte, da das ein strafrechtlicher Bestand sei. Für die Personalentscheidung seien BVT-Vize Dominik Fasching und Generalsekretär Peter Goldgruber verantwortlich, sagte Gridling.

Während Männer wie Major F. offenbar die Zukunft des BVT sind, erwartet G. von sich selbst, eine "weiße Elefantin" zu werden. Also eine unkündbare, aber mit belanglosen Aufgaben betreute ältere Mitarbeiterin.

G. beklagte auch Personalmangel: Bei der Meldestelle für NS-Wiederbetätigung stapelten sich die Hinweise, sodass teilweise sogar eine Verjährung etwaiger Taten zu befürchten ist.

"Gibt keine Extremistenliste"

Dabei hat G. eine jahrzehntelange Erfahrung im Kampf gegen Extremismus vorzuweisen. Darum ging es auch in der Befragung: Sie sollte erklären, warum das BVT die Daten von Aktivisten der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) gespeichert hat. Diese hatten 2010 eine Protestaktion im Parlament durchgeführt, danach waren sie offenbar als "Extremisten" geführt worden. Das stimmt so nicht, sagte G. – vielmehr gebe es gar keine "Extremistenliste", die Personaldaten seien lediglich im Referat Extremismus bearbeitet worden, woraus sich das "Ex" in der Aktenzahl ableitet.

Es stimme aber, dass es bei der Eingabe der Daten zu Fehlern gekommen sei, etwa zu falschen Speichergründen und falschen Skartierungsfristen.

Die Beschwerden der ÖH-Aktivisten rund um die spätere grüne Abgeordnete Sigrid Maurer hätten die BVT-Führung in Aufregung versetzt. "Wir müssen alle Linken löschen!", soll der ehemalige BVT-Vizedirektor Wolfgang Zöhrer damals gefordert haben – er fürchtete, dass weitere linke Aktivisten Datenauskünfte einholen und dann Fehler entdecken. "Dann vernichten die uns", befürchtete Zöhrer. Beschwerden seien aber "an der Tagesordnung", sagte G.

Die Referatsleiterin war vor allem zur Causa Maurer geladen, sagte aber zu einem breiten Themenfeld aus. So gab sie auch Auskunft über die internationale Kooperation des Amtes. Nicht nur Finnland, sondern auch Dänemark soll teilweise die Zusammenarbeit mit dem BVT verweigert haben, sagte sie. Außerdem gebe es "Befindlichkeiten" im deutschen Verfassungsschutz.

Gridling äußerte sich dazu nur nichtöffentlich, gab aber Auskunft zu politischer Einflussnahme im BVT. So gab es immer wieder Direktzugriffe auf BVT-Mitarbeiter ohne Einbindung der Führungsebene. Der ehemalige Referatsleiter und Beschuldigte Bernhard P. habe "kein Hehl daraus gemacht", dass er mit der ÖVP "gut vernetzt" sei. Dass ein bestimmter Gesetzestext nur für P. geschrieben worden war, dementierte Gridling.

Gegen P. als Referatsleiter habe er sich aber ausdrücklich ausgesprochen, erzählte der BVT-Chef. Diese Bedenken habe er auch dem Ministerium und der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit übermittelt. Das Innenministerium habe den Politikwissenschafter trotzdem bestellt.

Der Ausschuss soll nächste Woche weitergehen, allerdings sind mit Ausnahme von Maurer noch keine Zeugenladungen fixiert. (fsc, sterk, 13.2.2019)