Konrad Pesendorfer hat Kanzler Kurz einen Brief geschickt. Es geht um die Unabhängigkeit der Statistik Austria.

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Wien – Die Diskussion über die künftige Aufstellung der Statistik Austria nimmt eine neue Wende. Am Donnerstag hat sich erstmals der Statistik-Austria-Chef selbst, Konrad Pesendorfer, zu Wort gemeldet. Das Bundeskanzleramt wies dagegen jeden Vorwurf eines Eingriffs in die Unabhängigkeit des Amts zurück.

In einem offenen Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und den Nationalrat fordert Pesendorfer, die Statistik Austria direkt dem Parlament zu unterstellen. In dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, unterbreitet Pesendorfer neun Reformvorschläge. So soll "in Analogie zum Rechnungshof die Statistik Austria unmittelbar dem Nationalrat unterstellt" und ihre "Unabhängigkeit verfassungsrechtlich verankert" werden. Der Präsident der Statistik soll direkt vom Nationalrat ernannt werden, die Statistik soll auch eine Beratungsstelle für Nationalratsabgeordnete einrichten. Das Statistikprogramm soll vom Nationalrat genehmigt werden.

Ähnliche Vorschläge hatte am Mittwoch bereits Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gemacht. Auf Anfrage des STANDARD signalisiert auch die Liste Jetzt Unterstützung für Pesendorfers Forderungen: Deren Abgeordneter Bruno Rossmann sagt, er werde einen entsprechenden Antrag im Nationalrat einbringen. Auch die SPÖ ist dafür, die Statistik Austria dem Nationalrat zu unterstellen. Ein vom Nationalrat beaufsichtigtes Statistikamt gibt es etwa in Italien.

Ausgegliederte Agentur

Auslöser der Debatte sind Umbaupläne im Kanzleramt und intern bereits eingeleitete Reformen, über die DER STANDARD berichtet hat. Die Umbaupläne sollen das Ziel verfolgen, die Statistik Austria enger an das Kanzleramt anzudocken. Auch soll die unter Pesendorfer aufgebaute aktive Kommunikationsabteilung der Statistik Austria radikal verkleinert werden. Inhaltlich arbeitet die Statistik, die kurz nach der Jahrtausendwende ausgegliedert wurde, selbstständig, unterstellt ist sie aber in aufsichtsrechtlichen Angelegenheiten dem Bundeskanzleramt.

Bundeskanzleramt: Statistik bleibt unabhängig

Das Bundeskanzleramt widersprach der Darstellung am Donnerstag erneut und veröffentlichte auch einen Auszug aus einem Statusbericht zu der Reformgruppe, die offenbar unter dem Titel "Optimierung der Organisation der Statistik Austria" arbeitet.

Zunächst werden die Zielsetzungen der Reformgruppe genannt, etwa Beseitigung von Doppelgleisigkeiten zwischen Kanzleramt und Statistik Austria. Die Rolle des Aufsichtsressorts, also des Bundeskanzleramtes, soll gestärkt werden, heißt es weiter. Die Medienarbeit soll ebenfalls auf neue Beine gestellt werden.

Zum Stichwort "Überprüfung und Optimierung der Presse- und Medienarbeit" heißt es, dass sich das Aufgabenspektrum der Presseabteilung bei der Statistik Austria im Laufe der Jahre deutlich erweitert hat. Neben Texten für die Website und der Organisation von Veranstaltungen wird auch die tägliche Pressearbeit und die Betreuung des Twitter-Acounts der Statistik Austria und der "Content für den 'Falter'" von dort aus gemanagt. Pesendorfer ist im "Falter" regelmäßig mit Interviews präsent.

Die Personalressourcen dieser Pressestelle wurden unter Pesendorfer von fünf auf acht Personen ausgeweitet. Diese Stelle, so ist zu lesen, soll künftig auf zwei Personen reduziert werden, die sich ausschließlich um die Pressearbeit in der Statistik kümmern sollen. Andere Aufgaben sollen einer anderen Stabstelle zugewiesen werden. Die Pressestelle soll sich laut Aussendung des Bundeskanzleramtes auf die reine Medienarbeit konzentrieren.

Umbauarbeiten

DER STANDARD hatte berichtet, dass die Umbauarbeiten das Ziel verfolgen, die Außenkommunikation der Statistik Austria stärker an das Kanzleramt anzubinden und den Außenauftritt der Statistik letztlich von dort aus zu koordinieren.

Weiters wird ausgeführt, dass ein großer Teil der von Pesendorfer angestoßenen Reformen, die intern unter der Bezeichnung "Projekt 2020" bekannt sind, keinen Mehrwert für die Statistik Austria haben. Insgesamt gehören 95 Maßnahmen zu dem Projekt, darunter etwa der Aufbau einer Datenbank. Ein Drittel dieser Reformprojekte, 33 Maßnahmen, werden von der Reformgruppe gestrichen.

Die erwähnte Reformgruppe wird vom Generalsekretär im Kanzleramt, Dieter Kandlhofer, geleitet. Ihr gehört auch die zweite Generaldirektorin der Statistik Austria, Gabriela Petrovic, an. Pesendorfer selbst ist, obwohl fachlicher Leiter der Statistik bis Ende des Jahres, nicht dabei.

Pesendorfer weist zu Beginn seines Schreibens darauf hin, dass die Statistik Austria auch nach EU-rechtlichen Vorgaben unparteilich, "fachlich unabhängig" und objektiv agieren müsse. Sein Schreiben sei aufgrund "von Medienberichten, die auch zum Teil die Unabhängigkeit der Statistik Austria im Zusammenhang mit geplanten Reformvorhaben infrage stellen", ergangen. (András Szigetvari, 14.2.2019)