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Moskau will nicht nachgeben, auch wenn die US-Sanktionen auf den Rubelkurs drücken.

Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Die lang angekündigte Verschärfung der Russland-Sanktionen ist auf den Weg gebracht: Im US-Senat haben Vertreter beider Parteien ein Gesetz eingebracht, das harte Strafmaßnahmen gegen Russland vorsieht, dem die Initiatoren des Entwurfs die Einmischung in die US-Wahlen, Aggression gegenüber der Ukraine und die Destabilisierung Syriens vorwerfen. Ziele der neuen Restriktionen sind der russische Bankensektor, die Ölbranche und der Bereich Informationstechnologien. Darüber hinaus sollen neue russische Staatsanleihen und Einzelpersonen sanktioniert werden, die "gesetzeswidrige und korrupte Aktivitäten direkt oder indirekt im Namen Putins ermöglichen".

Zugleich sieht das Gesetz eine starke Unterstützung der US-Regierung für das Militärbündnis Nato vor, das Präsident Donald Trump immer wieder kritisiert hatte. Ein Ausstieg aus der Nato solle nur noch mit Zweidrittelmehrheit des Senats möglich sein.

Der demokratische Senator Bob Menendez, der zusammen mit dem Republikaner Lindsey Graham den Antrag eingebracht hat, ist optimistisch, dass der Entwurf diesmal – im Gegensatz zu einer ebenfalls von diesem Duo gestarteten Initiative im vergangenen Jahr – im Senat durchgeht. "Die bewusste Lähmung durch Präsident Trump im Angesicht der Aggression des Kremls hat im Kongress den Siedepunkt erreicht", sagte Menendez.

Rubel gibt nach

Während aus dem Weißen Haus zunächst kein Kommentar zu der Gesetzesinitiative kam, reagierte die Börse augenblicklich. Der Rubel wertete wegen der neuen Gefahren für das russische Wirtschafts- und Finanzsystem deutlich ab.

Auch im Kreml wird die Gefahr ernst genommen. Kremlsprecher Dmitri Peskow verurteilte die Sanktionspläne als Erscheinung einer "zügellosen und absolut emotionalen Russophobie". Würden sich die Autoren auf Experten stützen, wären sie nie zu der These einer destabilisierenden Rolle Russlands in Syrien gekommen, sondern hätten im Gegenteil dessen Schlüsselrolle bei der Rettung Syriens vor dem Terrorismus anerkennen müssen, so der Kremlsprecher.

Peskow äußerte zugleich wenig Hoffnung, dass sich die Sanktionen durch Verhandlungen umgehen ließen. Moskau müsse sich auf das Schlimmste gefasst machen. Die Sanktionen hätten bei aller Emotionalität auch eine merkantile Basis. Es gehe um die Durchsetzung eigener Handelsinteressen, die "mitunter an Gangstertum grenzt", so Peskow. Gerade im Energie- und Bankenbereich gehe es offenbar darum, das Feld für US-Konzerne freizumachen. Peskow erwähnte zwar die Pipeline Nord Stream 2 nicht namentlich, doch Moskau sieht den Druck auf dieses Projekt durch die Trump-Regierung schon seit langem als Klientelpolitik.

Moskau will nicht nachgeben

Nachgeben will Moskau trotzdem nicht. Russland habe sich an die Sanktionen gewöhnt und sei in der Lage, auch weiterhin Stabilität und Wachstum zu gewährleisten, sagte Peskow. In die gleiche Richtung argumentierte der sogenannte liberale Flügel in der russischen Führung: Die Sanktionen seien zwar unangenehm, würden in erster Linie aber ausländische Investoren treffen, sagte Finanzminister Anton Siluanow. "Damit schießen sie sich selbst ins Bein", kommentierte er. Vizezentralbankchef Sergej Schwezow schätzt die negativen Folgen des neuen Sanktionspakets viel schwächer ein als 2014. "Wir sind viel unabhängiger auf dem Gebiet des Finanzmarkts als andere Länder", sagte er zur Begründung.

Dabei droht Russland neben den US-Sanktionen auch von der EU ein neues Maßnahmenpaket wegen des Vorfalls in der Meerenge von Kertsch. Russland habe die Bedeutung der Affäre lange unterschätzt, sagte ein westlicher Diplomat in Moskau. Bis heute lehnt die russische Regierung die Freilassung der ukrainischen Matrosen ab, die sie im November bei einem Kapermanöver wegen angeblicher Grenzverletzung gefangen genommen hat. Selbst als es Bemühungen gab, das Thema im Rahmen des Normandie-Formats auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu besprechen, habe sich die russische Führung auf die Hinterbeine gestellt und ein solches Treffen abgelehnt, heißt es.

Lawrow reist nach München

Russlands Außenminister Sergej Lawrow wird in München erwartet. Ein Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Pawlo Klimkin gilt dabei derzeit aber als unwahrscheinlich. Zwar ist ein Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geplant, doch die Stimmung im Vorfeld ist gereizt: Stoltenberg hatte gedroht, sollte Russland nicht innerhalb eines halben Jahres wieder zu seinen Verpflichtungen aus dem derzeit sowohl von Washington als auch von Moskau ausgesetzten INF-Vertrag zurückkehren, werde die Nato darauf eine Antwort formulieren. Stoltenberg solle sich seine Ultimaten für die Nato-Länder aufheben, entgegnete daraufhin der Chef des Verteidigungsausschusses in der Duma, Wladimir Schamaow.

Auch auf die nächste Sanktionsrunde versprechen die russischen Parlamentarier eine Antwort. In der Vergangenheit hatte Russland auf Sanktionen seinerseits ebenfalls stets mit Restriktionen reagiert, sei es durch ein Lebensmittelembargo, die Ausweisung von Diplomaten oder die Einführung eigener Schwarzer Listen. Als eine weitere Gegenmaßnahme erwägt Moskau seit längerem den Verzicht auf den Dollar bei Handelsgeschäften. Wirtschaftlich ist das für Russland bislang allerdings noch nicht vollständig umsetzbar. (André Ballin, 15.2.2019)