Welche europäischen Flohmärkte eine Reise wert sind, haben wir den Gründer des Portals Flea Market Insiders gefragt.
Nina Glatzel
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Es ist ein Wochenendsport mit hohem Suchtfaktor. Eine Schatzsuche für Erwachsene, die Nachhaltigkeitstrend und Shoppingbedürfnis gleichermaßen befriedigt. Wer einmal auf einem Flohmarkt ein teures Designerstück für wenig Geld ergattert und damit das Zuhause verschönert hat, ist angefixt.
Beharrlichkeit, Verhandlungsgeschick und guter Spürsinn sind von Vorteil. Denn immer mehr Menschen finden es erfrischend, sonntagmorgens über den Preis einer antiken Vase zu feilschen und dabei teure Vintagehändler zu umgehen. Für viele steigt auch auf Reisen der Wunsch, auf antiquarische Schnäppchenjagd zu gehen.
Die DNA eines Landes
"Das ist ohnehin der beste Weg, um die Kultur eines Landes kennenzulernen", meint Nicolas Martin. Er ist der Gründer von Flea Market Insiders und Fleamapket – zwei Plattformen, die Termine und Standorte von Flohmärkten weltweit listen. Letztere ermöglicht auch die einfache geografische Suche. Vor zehn Jahren kam Martin der Liebe wegen von Frankreich nach Österreich und begann hier, seine Flohmarktbesuche zu dokumentieren. Aus einer privaten Fotoplattform wurden zwei Websites mit bis zu 3.000 Besuchern pro Tag. Die Frage "Wo hast du das gefunden?" beantwortet der Pariser nun hauptberuflich.
Sein erster Weg im Urlaub führt Martin nie ins Museum, sondern immer zum örtlichen Flohmarkt: "Weil ich dort sehe, höre und rieche, was die DNA eines Landes ausmacht." Flohmärkte würden ihm Einblick in die letzten 300 Jahre Geschichte gewähren, sagt er. Was für andere Ramsch sein mag, sind für ihn die landestypischen Souvenirs, die man in keinem Geschäft kaufen kann: alte Münzen, Plakate, Kleidung, goldene Knöpfe oder bestickte Tischwäsche. Leidenschaftlich sammelt er alte analoge Kameras und Stühle von Eames bis Bertoia. Seine Lieblingshändler sitzen im Süden von Paris auf dem Marché aux Puces de la Porte de Vanves. "Das ist ein weniger bekannter Straßenflohmarkt im 14. Arrondissement, den man gut mit der U-Bahn erreicht." 200 Händler verkaufen dort jeden Samstag und Sonntag, was zuvor die Großeltern oder die Urgroßeltern verwendet haben.
Auf der Suche nach Antikem
Frankreich ist ein gutes Pflaster für Flohmarktbegeisterte. Hier lebt auch Rebecca Kudela, geborene Südkalifornierin. Die Grafikdesignerin – unter anderem für die Surfermarke Billabong – ist in Biarritz zu Hause und besucht Flohmärkte in ganz Europa. Schon als Kind besuchte sie mit ihrer Stiefmutter Garage-Sales. Heute sucht sie vor allem nach antiken Setzkästen und Strandpostkarten, Muscheln und Miniaturschlüsseln.
Einer der schönsten Märkte ist für sie die Fiesta des Brocs in Sare, nahe dem Badeort Saint-Jean-de-Luz im französischen Baskenland. "Nur einmal im Jahr, zwei Tage lang belebt er die Straßen der hügeligen Stadt am Fuße der Pyrenäen", schwärmt Kudela. Vor traumhafter Kulisse feilschen professionelle Tandler und private Ausmistprofis an einem Wochenende im Juli um Art-déco-Möbel, Gravuren und Bilder. (Nina Glatzel, 20.2.2019)
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