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Ingemar Stenmark schnallt die Alpinskier nur mehr selten an. Der Rücken macht dem schwedischen Weltrekordweltcupsieger Probleme, der Blick in die Zukunft seiner Bestmarke dafür aber nicht.

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Stenmark trat in Åre beim Legendenrennen an.

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Ski-WM live: Herren-Slalom am Sonntag, 11 und 14.30 Uhr

Åre – Bereits um 4.30 Uhr drohte der Parkplatz am Åresjön-See aus allen Nähten zu platzen. 29.000 Zuschauer strömten nach Åre, um ihr Idol zu sehen. Als Ingemar Stenmark mit 1,59 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Franco Bieler als Sieger des Weltcupslaloms abschwang, tobte die Menge "wie der Donner einer mächtigen Lawine", berichteten Zeugen nach dem Spektakel am 20. März 1977.

42 Jahre später präsentiert sich der WM-Ort wesentlich beschaulicher, wenngleich auch am Sonntag für den Herrenslalom (11 und 14.30 Uhr auf ORF 1 und im STANDARD-Liveticker) mit einem Zuschaueransturm gerechnet wird, zumal sich Schweden und André Myhrer Hoffnungen machen. Den Routinier hat auch Stenmark auf der Rechnung, der flache Hang und der Schnee werde dem 36-jährigen Goldmedaillengewinner des Slaloms in Pyeongchang 2018 entgegenkommen.

Favorit sei aber Marcel Hirscher, der Titelverteidiger von St. Moritz 2017, "weil er sowohl eine starke Physis als auch eine starke Psyche hat. Auch wenn er einmal ein schlechtes Rennen liefert, dann kriegt er keinen Stress. Er kommt zurück und gewinnt das nächste."

Seltener Gast

Stenmark lässt sich bei Rennen nur sehr selten blicken, er war nie ein großer Freund des Trubels, verfolge die Rennen lieber im TV. Er schätze es, mit seiner Familie Zeit zu verbringen. Weil ihm sein Rücken zu schaffen mache, gehe er lieber langlaufen als Ski fahren. Der Doppelolympiasieger von Lake Placid 1980 und Fünffachweltmeister beteuert, dass ihm Rekorde überhaupt nichts bedeuten.

Lindsey Vonn konnte die 86 Siege des 62-Jährigen nicht übertreffen, sie hat mit vier Erfolgen weniger ihre Rennlatten abgeschnallt. Hirscher, der 68-fache Weltcupsieger, werde es jedoch schaffen, Mikaela Shiffrin (56 Siege) aber sogar mehr als hundert Rennen gewinnen, prophezeit Stenmark, der das Adrenalin ein Jahr nach seinem Karriereende noch vermisste. Pokale seien ihm wichtig gewesen, "aber jetzt lebe ich ein anderes Leben, denke nicht mehr an meine Karriere".

Stenmark gratulierte Lindsey Vonn zu Bronze in der Abfahrt. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass er zu ihrem Abschiedsrennen kommt und regelrecht darum gebettelt. Also kam er dann auch früher nach Åre als geplant.
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Für seine Überlegenheit und die unerreichten Rekordvorsprünge von 3,16 Sekunden (1982 in Kitzbühel) oder 4,06 im Riesentorlauf 1979 in Jasná hat der Schwede eine simple Erklärung: "Ich hatte ein gutes Gefühl für den Schnee, ich verstand es, die Kanten richtig und nicht mit zu viel Druck einzusetzen. Ich konnte mich gut an verschiedene Bedingungen anpassen, egal ob Eis oder weicher Schnee." Seine elegante, sichere Fahrweise, kombiniert mit exzellenter Technik, stellte die Konkurrenz vor unlösbare Aufgaben.

Verwirrung nach Seiltanz

Als er einmal probierte, auf einem zwischen zwei Bäumen gespannten Seil zu balancieren, vermuteten die Konkurrenten dahinter eine Trainingsmethode. "Ich wollte es einfach nur lernen, sie haben es öfter als ich gemacht." Stenmark galt als kein großer Freund der in den 80ern eingeführten Kippstangen. "Ich mochte sie am Anfang, aber dann haben die Österreicher herausgefunden, wie man sie am besten mit einem Arm zur Seite schlägt." Als dann der Jugoslawe Rok Petrovic mit beiden Armen zu Werke ging, habe er viele Rennen gewonnen.

Stenmark hält auf Clément Noël große Stücke und beschreibt die Fähigkeiten des 21-jährigen Franzosen, der mit Siegen in Wengen und Kitzbühel das Klassikerdouble gewann, ähnlich wie seine. "Er ist ein fantastischer Rennfahrer, und er wird einer der Besten in der Zukunft sein, weil er eine richtig gute Technik hat. Er hat ein gutes Gefühl für den Schnee. Er versteht es blendend, egal ob auf Eis oder weichem Schnee, die Kanten richtig einzusetzen." (Thomas Hirner aus Åre, 16.2.2019)