Schauspielerin Charlotte Rampling (73) wurde bei der Berlinale für ihr Lebenswerk geehrt.

Foto: AFP/Schwarz

Eine "Fremde unter Fremden" – so hat Charlotte Rampling sich einmal bezeichnet. Am Ende ihres sehr persönlichen Buches Wer bin ich? fand sie diese Formel, die auch viel von dem Geheimnis andeutet, das die britische Schauspielerin auszeichnet. Sie war immer sehr schön, häufig auf eine einschüchternde Weise, dann wieder ungeheuer verletzlich.

1974 kam sie nach Wien, um in Liliana Cavanis Der Nachtportier ein Naziopfer zu spielen. Die italienische Regisseurin spielte mit einer Erotik der Unterwerfung, und der magere Körper von Charlotte Rampling war dabei die Attraktion, an der die Dekadenz der Faschisten zerschellen sollte. Das Kalkül ging nicht auf, aber für Rampling wurde die Rolle der Lucia zu einem Schlüssel. Ihre Karriere war fortan von einem Muster geprägt: Häufig verbarg sie sich, indem sie sich exponierte.

Bis in die 1970er-Jahre hinein wurde sie von der Familie "Charley" gerufen. Eine typisch britische Nonchalance drückt sich da aus. Rampling kam 1946 in Essex zur Welt, ihre Mutter bezeichnete sie einmal als "romantisches Gemüt", der Vater war Athlet, die Familiengeschichte ist voller Dramen. In den 60ern wurde sie zuerst Fotomodell, dann – im "swingenden London" – Schauspielerin. In Georgy hatte sie neben Lynn Redgrave ihre erste große Rolle. Bald schon sah man sie bei Luchino Visconti (Die Verdammten, 1969) oder John Boorman (Zardoz, 1974).

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Um 1980 setzte sie sich in Amerika durch: Woody Allens Stardust Memories und Sidney Lumets The Verdict fallen in diese Zeit. Seither kann man die Rollen kaum mehr zählen, die Rampling gespielt hat, darunter auch in Fernsehserien (Dexter, Broadchurch). Für 45 Years wurde sie 2016 für einen Oscar nominiert. Der Film hatte bei der Berlinale Premiere gehabt, wo Rampling nun mit einem Goldenen Bären für ihr Lebenswerk geehrt wurde.

Im Jahr 2015 verlor sie ihren langjährigen Lebensgefährten, einen französischen Geschäftsmann, durch Krebs. Davor war Rampling zweimal verheiratet gewesen: Mit dem Produzenten Bryan Southcombe und dem Komponisten Jean-Michel Jarre hat sie jeweils einen Sohn. Ihre Autobiografie schrieb Rampling in einem Dialog mit dem Schriftsteller Christophe Bataille. Die Flucht vor einer übermächtigen Familie bildet dabei ein Leitmotiv. Zwischen den privaten Fotos findet sich auch Malerei: Selbstporträts einer Frau, die versucht, in Bildern zu verschwinden. (Bert Rebhandl, 15.2.2019)