Ein Magnet schwebt über einem Hochtemperatur-Supraleiter. Nun hoffen Physiker auf Basis eines neuen Zugangs auf Supraleitung bei Raumtemperatur.

Foto: Mai-Linh Doan

Wien – Noch wird das Phänomen der so genannten Supraleitung im alltäglichen Einsatz in erster Linie für Magnetresonanz-Tomografen (MRT) und ansonsten bestenfalls noch für Teilchenbeschleuniger eingesetzt. Das liegt vor allem daran, dass die Leitung von elektrischem Strom ohne jeglichen Widerstand vorerst nur bei sehr tiefen Temperaturen funktioniert. Forscher hoffen allerdings durch den Einsatz von so genannten Hochtemperatur-Supraleitern aus Keramik auf einen Durchbruch der Technologie auch in anderen Bereichen.

Auf dem Weg dorthin haben Forscher der Technischen Universität (TU) Wien nun eine neue Methode entwickelt, um die Temperaturabhängigkeit bei der Supraleitung besser verstehen zu können. Ihre Ergebnisse haben sie nun in den Fachjournalen "Physical Review B" und "Reviews of Modern Physics" veröffentlicht.

Höchstens minus 130 Grad Celsius

Supraleiter bergen großes Potenzial für technische Anwendungen. Mit ihrer Hilfe ließe sich nicht nur elektrischer Strom verlustfrei über weite Distanzen transportieren oder der Wirkungsgrad von Elektromotoren erhöhen. Sie können auch ganze Züge zum Schweben bringen oder zum Bau hochempfindlicher Sensoren eingesetzt werden. Das Problem dabei: Selbst die Rekordhalter unter den Hochtemperatursupraleitern, die sogenannten Cuprate, müssen auf minus 130 Grad Celsius abgekühlt werden, um ihre speziellen Eigenschaften entfalten zu können.

Der enorme Aufwand für die Kühlung verhindert bis heute einen weitreichenden, praktischen Einsatz der Materialien. Die Entwicklung neuer Verbindungen, die auch bei höheren Temperaturen noch supraleitend sind, scheitert wiederum am bisherigen Stand der Erkenntnis. Bis heute gibt es keine exakten Rechenmethoden, um Hochtemperatursupraleiter zu beschreiben. Auf der Suche nach besseren Methoden, Supraleitung theoretisch zu beschreiben, waren die TU-Forscher nun erfolgreich.

Neue Perspektive

"Mit unseren Ergebnissen hoffen wir nun, eine neue Perspektive auf die Mechanismen im Inneren dieser Materialien bieten zu können", sagte der Leiter der Forschungsgruppe, Karsten Held, vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien. "Das könnte helfen, neue Materialien zu designen." Ein Material, das auch bei Raumtemperatur noch supraleitend bleibt, wäre ein gewaltiger Durchbruch, der eine ganze Reihe an technologischen Anwendungen ermöglichen würde.

Konventionelle Supraleiter, die ihren elektrischen Widerstand erst wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt verlieren, wurden bereits vor mehreren Jahrzehnten erfolgreich durch die sogenannte BCS-Theorie beschrieben. Ihr zufolge finden sich die stromleitenden Elektronen zu sogenannten Cooper-Paaren zusammen. Dadurch entziehen sie sich der Wechselwirkung mit dem Rest des Materials und können sich widerstandslos fortbewegen. Die Kraft, die die zwei Elektronen eines solchen Paares aneinanderbindet, resultiert der Theorie zufolge aus den Schwingungen des Kristallgitters, durch das sich die Teilchen bewegen.

Supraleitung bei noch höheren Temperaturen

In ihrer aktuellen Studie haben die Wiener Forscher nun Hochtemperatursupraleiter unter die Lupe genommen, die wesentlich komplexer aufgebaut sind als ihre konventionellen Gegenstücke. "Anstatt Gitterschwingungen beruht hier die Anziehungskraft der Cooper-Paare auf Veränderungen im magnetischen Hintergrund", erklärt Held. "Eigentlich sollte Supraleitung auch bei viel höheren Temperaturen möglich sein."

Die Ergebnisse würden eine neue Sichtweise ermöglichen, mit der sich vielleicht doch noch Raumtemperatursupraleiter finden lassen könnten. Bis dahin ist es dem Forscher zufolge aber noch ein langer Weg. Schließlich läuft die Suche danach schon seit vielen Jahren und hat sich bisher als äußerst schwierig erwiesen. (red, APA, 20.2.2019)