Wien – Rund ein Drittel der Beschäftigten in Österreich ist unter- oder überqualifiziert, zeigt der aktuelle Arbeitsklimaindex. Daraus entstehen hohe Unzufriedenheit und Verdrängungswettbewerb. Die Digitalisierung beeinflusst außerdem die Arbeitsplätze von rund einer Million österreichischen Beschäftigten negativ.

Bei einer Pressekonferenz am Dienstag stellten Daniel Schönherr, Sozialforscher der Institute for Social Research and Consulting (SORA) und Reinhard Raml, Sozialforscher beim Institut für empirische Sozialforschung (IFES) die Ergebnisse der Studie "Gefangen im falschen Job" vor, die gemeinsam von Arbeiterkammer Oberösterreich, IFES und SORA erstellt wurde.

Laut Studie sind 14 Prozent der österreichischen Berufstätigen unterqualifiziert. Das wird allerdings anhand formaler Kriterien gemessen. Viele würden sich weiterbilden und durch ihre Berufspraxis entsprechendes Know-how erwerben. 85 Prozent der Unterqualifizierten seien mit ihren Jobs zufrieden. Nicht so bei den Überqualifizierten, die 18 Prozent der beschäftigten Österreicher ausmachen (etwa 650.000 Menschen). Von ihnen wünschen sich 28 Prozent einen Berufs- oder Jobwechsel, im Gastgewerbe sogar 37 Prozent.

Fabriksarbeiter mit Matura

Als überqualifiziert gelten Akademiker, wenn sie als einfache Angestellte oder als Verkäufer im Einzelhandel tätig sind. Auch Arbeitnehmer mit Maturaabschluss, die als Fabriksarbeiter arbeiten, fallen darunter. Besonders hoch ist der Anteil der Überqualifizierten unter Migranten, unter denen 34 Prozent besser ausgebildet sind als es ihr Job erfordert. Eine Diskriminierung sei bei jenen ausländischen Akademikern zu bemerken, die gut Deutsch sprechen, aber noch einen Akzent haben. Diese seien zu 37 Prozent für ihre Jobs überqualifiziert.

"Überqualifiziert muss man sich bis zum gewissen Grad leisten können", so Schönherr. Es sei leichter, sich als Akademiker auch für weniger qualifizierte Jobs zu bewerben. Dadurch entsteht allerdings der Verdrängungswettbewerb. Für jene mit einem niedrigeren Bildungsniveau erschweren sich die Jobchancen. Sie fühlen sich zunehmend "an den Rand gedrängt".

Arbeitsdichte steigt

Nicht nur Über- oder Unterqualifizierung, auch die Digitalisierung habe einen zunehmend starken Einfluss auf die Arbeitsplätze. Die Haltung der Österreicher gegenüber Digitalisierung sei negativ, sagte Raml. Branchen, in denen Arbeitnehmer konkrete Änderungen ihrer Arbeitsplätze beobachten können, seien Banken und -Versicherungen, öffentliche Verwaltung, Unterrichtswesen, Verkehr und Transport sowie Industrie und Gewerbe. Weniger Veränderungen gebe es im Handel, Bauwesen und Tourismus.

Arbeitnehmer merken inzwischen, dass ihre Arbeit durch neue Technologien nicht leichter geworden ist. Die Arbeitsdichte steigt, die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwindet, neue Technologien bauen Stellen ab. Ein Viertel der Arbeitnehmer erledigt Arbeitsaufgaben regelmäßig in ihrer Freizeit, 16 Prozent arbeiten im Urlaub, jede vierte Person sogar im Krankenstand. Insgesamt seien dadurch eine Million Beschäftigte in Österreich betroffen, denen es "durch Digitalisierung nicht gut geht", sagte Raml.

Belastende Überwachung

Besonders Berufsfahrer würden sehr unter den Änderungen leiden. Für rund 100.000 Berufsfahrer sei die Situation stark eingespannt. Viele Fahrer müssen in ihrer Ruhezeit Berufshandys oder Laptops benutzen. Auch die Kontrolle und Überwachung durch GPS sei belastend. Diese Faktoren würden zu einem permanenten Stress und hoher Belastung führen.

Um Arbeitnehmer zu unterstützen, hat die Arbeiterkammer einen "Zukunftsfonds" auf die Beine gestellt. "Durch den Zukunftsfonds sollten Projekte gefördert werden, bei denen nächste Digitalisierungsschritte in Unternehmen gemacht werden und wo konkret die Arbeitnehmer im Fokus sind", sagte Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich. Für die kommenden fünf Jahre seien 150 Millionen Euro für solche Projekte geplant. (19.2.2019, APA)