Istanbul/Ankara – Führende Ex-Mitarbeiter und Journalisten der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet" müssen nach einem gescheiterten Berufungsverfahren ins Gefängnis. Das Berufungsgericht in Istanbul wies den Einspruch der 14 Angeklagten zurück, die im vergangenen April zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Unter den Verurteilten waren der Herausgeber Akin Atalay, der Chefredakteur Murat Sabuncu und der Kolumnist Kadri Gürsel. Die Angeklagten waren wegen der Unterstützung verschiedener Terrororganisationen zu Haftstrafen bis zu acht Jahren verurteilt worden. Jene Angeklagten, die mehr als fünf Jahre erhielten, können nun noch Einspruch vor dem Kassationsgericht einreichen.

Laut "Cumhuriyet" müssen jedoch sechs frühere Mitarbeiter mit Haftstrafen unter fünf Jahren ins Gefängnis zurückkehren, um den Rest ihrer Strafe zu verbüßen. Dies betrifft unter anderem den Karikaturisten Musa Kart. Jene Angeklagten, die mehr als fünf Jahre erhielten, können nun noch Einspruch vor dem Kassationsgericht einreichen.

Festnahme im Oktober 2016

Der Zeitung zufolge müssen der Kolumnist Kadri Gürsel und der Anwalt Bülent Utku dagegen angesichts der Länge ihrer Untersuchungshaft nicht zurück ins Gefängnis. Atalay, Sabuncu, der heutige Abgeordnete Ahmet Sik, der bekannte Kolumnist Aydin Engin und andere mit Haftstrafen über fünf Jahren bleiben ebenfalls zunächst frei. Die meisten Angeklagten waren nach mehreren Monaten in U-Haft für die weitere Dauer des Prozess freigelassen worden.

Die "Cumhuriyet"-Mitarbeiter waren im Oktober 2016 unter dem Vorwurf festgenommen worden, die islamische Gülen-Bewegung, die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die linksextreme Gruppierung DHKP-C zu unterstützen. Die türkische Regierung geht nach einem Putschversuch von 2016 massiv gegen Medienhäuser und Journalisten vor. Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) steht die Türkei auf Platz 157 von 180 Staaten.

International wurde der Prozess gegen die links-nationalistische Zeitung als politisch motivierter Versuch der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert, eine der letzten kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen. Reporter ohne Grenzen erklärte damals, "Cumhuriyet" stehe "symbolisch für den mutigen Kampf der wenigen noch verbliebenen unabhängigen Medien gegen die beispiellose Verfolgung kritischer Journalisten in der Türkei".

Allerdings war der Prozess zuletzt nicht das einzige Problem der traditionsreichen Zeitung. Nachdem es schon lange einen internen Kampf um die Ausrichtung des Blatts gegeben hatte, setzte sich im vergangenen September der ultranationalistische Flügel durch. Nach einem Wechsel in der Führung der Zeitung gab es eine Welle von Entlassungen und Kündigungen, in deren Zuge auch die meisten Angeklagten das Blatt verließen. (APA/AFP, 19.2.2019)