Weil die Uno und ihre Mitgliedsstaaten nicht auf die Forderung der syrischen Kurden nach einer Rückholung der ins Bürgerkriegsland gereisten Foreign Fighters reagierten, forderte Mustafa Bali, Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), am frühen Dienstagmorgen die Einsetzung von UN-Sondergerichten für die inhaftierten IS-Kämpfer.

Völkerrechtsexperte Ralph Janik von der Uni Wien verweist im STANDARD- Gespräch zwar darauf, dass es mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag eigentlich schon ein geeignetes Gericht gibt. Sollte man dieses nicht nutzen wollen, hält er ein Ad-hoc-Strafgericht für eine durchaus sinnvolle Alternative. Ähnlich wie bereits im Falle der Völkermorde und Kriegsverbrechen in Ruanda oder Jugoslawien würde man dort die ranghöchsten Schwerstverbrecher anklagen können.

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Die Staatengemeinschaft ist noch immer unsicher, wie sie mit den Foreign Fighters, die nach Syrien reisten, um für den IS zu kämpfen, umgehen soll.
Foto: AP / Hussein Malla

Dass sich solche Prozesse über mehrere Jahre strecken könnten, sieht Janik nicht als grundsätzliches Problem. Ganz im Gegenteil: Es gehe darum, die Verbrechen "sauber aufzuarbeiten und auch für die Nachwelt zu dokumentieren". Für die Einrichtung eines solchen Ad-hoc-Gerichtes bedürfe es einer Resolution des UN-Sicherheitsrates. Inwiefern der politische Wille dafür da ist, will Janik nicht abschätzen. Klar sei jedoch, dass es sich im Falle des "Islamischen Staates" um einen sogenannten "hostis humani generis", einen "Feind der Menschheit", handle. Galt die Bezeichnung früher noch für Piraten und Sklavenhändler, "so ist der IS heute gewissermaßen eine aktuelle Version davon", sagt Janik – was ein gemeinsames Vorgehen ermöglichen könnte.

Teure, notwendige Deradikalisierung

Die restlichen rund 100 Österreicherinnen und Österreicher müsse man auf deren Wunsch wohl zurückholen, sind sich Völkerrechtsexperten großteils einig; sie ordentlichen Prozessen aussetzen, gegebenenfalls zu Haftstrafen verurteilen, auch wenn die Beweislage oft schwierig sein wird. Laut Terrorismus-Paragraf reicht jedoch schon die Reise nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen, als Grund für eine Verurteilung.

Ohne "teure, aber notwendige Deradikalisierungsmaßnahmen wird es aber nicht gehen", sagt Daniela Pisoiu, Extremismusforscherin am Österreichischen Institut für Internationale Politik. "Die Reintegration von Terroristen war noch nie ein populäres Thema für Politiker." Wolle man jedoch einen Rückfall in alte Muster und erneute Rekrutierungsversuche durch den IS oder Nachfolgeorganisationen verhindern, brauche es den Mut, umfassende Reintegrationsprogramme umzusetzen. Denn auch wenn der IS militärisch besiegt werde, sei er es ideologisch noch lange nicht.

In Dänemark etwa versuchen Teams aus Theologen, Jobvermittlern, Psychologen, Politologen und Sozialarbeitern den heiklen Wiedereinstieg ins Leben zu ermöglichen. Pisoiu hält Österreichs Deradikalisierungsbemühungen trotz teils guter Ansätze derzeit für "nicht ausreichend entwickelt." (Fabian Sommavilla, 19.2.2019)