Als Minister bildete Grasser, im Bild mit Anwalt Norbert Wess, viele Ausschüsse.

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Wien – Nach einer rund dreiwöchigen Pause war der Große Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht am Dienstag gut gefüllt, die Anklagebank fast vollständig besetzt. Denn am 75. Gerichtstag im Buwog-Prozess kamen erstmals Zeugen zu Wort. Richterin Marion Hohenecker leitete damit das Beweisverfahren ein, bei dem alle Angeklagten – bis auf jene drei, die aufgrund von Krankheit entschuldigt waren – im Gerichtssaal erscheinen müssen.

Als erster Zeuge wurde ein ehemaliger Mitarbeiter im Kabinett von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser befragt. Er war unter anderem für Beteiligungen und Liegenschaften zuständig. Der ehemalige Grasser-Mitarbeiter war beim Verkaufsverfahren der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog u. a.) etwa in der Kommunikation mit dem Land Kärnten zum Thema Vorkaufsrecht für die ESG-Wohnungsgesellschaft aktiv.

Mitglied im Lenkungsausschuss

Laut Unterlagen war der Mann auch Mitglied in einem Lenkungsausschuss, der im Herbst 2002 eingesetzt wurde. Auf die Frage der Richterin, wer diesen Ausschuss denn eingesetzt habe, meinte er: "Ich war's nicht", wahrscheinlich sei der Ausschuss von Grasser oder von dessen Kabinettschef, Heinrich Traumüller, eingesetzt worden.

In einer E-Mail vom 4. Juni 2004, einem Freitag, hatte sich der jetzige Zeuge als möglicher Überbringer der Unterlagen aus dem Vergabeverfahren nach Kärnten angeboten, damit Kärnten über eine Ausübung seines Vorkaufsrechts entscheiden könne. Er sei nämlich regelmäßig am Freitag nach Kärnten gefahren, sagte der spätere Manager einer Landesimmobiliengesellschaft.

Keine Unterlagen

Tatsächlich habe er dann aber keine Unterlagen nach Kärnten gebracht, betonte der Zeuge. Außerdem sei dann noch eine weitere Angebotsrunde mit "Last and Final Offers" gemacht worden. Nach Ansicht des Zeugen sei das Vorkaufsrecht des Landes Kärnten auch ein "politisches" Vorkaufsrecht gewesen. Denn der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider habe das Thema eines drohenden Ausverkaufs Kärntner Wohnungen politisch nutzen wollte. Da sei ein "politisches Drohkonstrukt" aufgebaut worden, dass Ausländer die Gesellschaften aufkaufen könnten.

Sonst zeigte der erste Zeuge öfter Erinnerungslücken: Auf zahlreiche Fragen der Richterin antwortete er mit dem im Buwog-Verfahren bereits bekannten Stehhalbsatz: "Keine Wahrnehmung." Auch am Nachmittag, als eine Ex-Kabinettsmitarbeiterin von Grasser befragt wurde, fielen diese Worte häufig. (APA, red, 20.2.2019)