Der prächtige Jachthafen von Nizza: Wohlhabende Franzosen haben sich jahrelang an die UBS gewandt, um ihr Geld zu verstecken.

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Die Schweizer Großbank UBS erhält eine Buße von 3,7 Milliarden Euro in Frankreich, weil sie ihren Kunden bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung geholfen haben soll. Dazu kommen 800 Millionen Euro Schadenersatz, die die Bank an den Fiskus zahlen muss. Macht 4,5 Milliarden Euro – ein absoluter Rekordbetrag für französische Verhältnisse. Und für die UBS, deren Aktienkurs zwei Prozent verlor.

Die Tochtergesellschaft UBS France kommt mit 15 Millionen Euro Strafe davon. Fünf der sechs angeklagten Manager erhalten bedingte Haftstrafen von bis zu einem Jahr und Bußen von bis zu 300.000 Euro; einer wurde freigesprochen. UBS-Vertreter Markus Diethelm meinte noch im Gerichtssaal auf die Frage, ob er Berufung einlegen werde: "Das ist bereits geschehen." Seinen Ärger nicht verhehlend, bezeichnete er das Urteil als "unerklärlich". Es gebe "keinerlei Beweise", und viele Tatbestände seien "herbeikonjugiert" worden.

Der Betrag von 4,5 Milliarden Euro liegt selbst für französische Verhältnisse weit über bisherigen Bußen und Schadenersatzwerten. Unter dem neuen, seit 2014 gültigen Finanzstrafrecht Frankreichs wurde erst eine türkische Bank wegen Steuerdelikten zu 13 Millionen Euro verdonnert, dazu eine lettische zu 80 Millionen.

Ein Exempel

Die UBS erhält in etwa den fünfzigfachen Wert aufgebrummt. Damit sollte wohl ein Exempel statuiert werden. Der Betrag von 3,7 Milliarden entspricht der Summe der Guthaben, die gut 2000 reuige Franzosen deklarierten, als sie auf sanften Druck des französischen Fiskus ihre Guthaben bei der UBS auflösten und repatriierten.

Da das Gericht entgegen der Usance auf eine mündliche Begründung verzichtete, kennt man die Gründe für die Verurteilung vorerst nicht. Im Wesentlichen folgten die drei Richter offenbar der Finanzstaatsanwaltschaft, die im November zum Ende der Prozessverhandlungen bereits eine Buße von 3,7 Milliarden Euro verlangt hatte. Die UBS hatte bestritten, davon gewusst zu haben, dass die in die Schweiz gebrachten Gelder in Frankreich nicht deklariert gewesen seien.

"Festival der Heuchelei"

Schon in der Anklageschrift hieß es allerdings, die UBS könne "nicht ernsthaft behaupten", dass sie über die Steuerflucht nicht auf dem Laufenden gewesen sei. In ihrem Plädoyer nannten die Finanzanwälte das ein "Festival der Heuchelei".

Die gesamte sechswöchige Gerichtsverhandlung war im Zeichen einer harten Konfrontation gestanden. Für die Finanzstaatsanwaltschaft (PNF) stand viel auf dem Spiel: Sie war erst 2014 im Zuge des Cahuzac-Skandals gegründet worden – benannt nach jenem sozialistischen Finanzminister, der eigentlich die Steuerflucht bekämpfen sollte, aber selbst undeklarierte Auslandskonten (unter anderem bei der UBS) unterhielt. Wie schon Ex-Präsident François Hollande, der Jérôme Cahuzac berufen hatte, steht jetzt auch sein Nachfolger Emmanuel Macron unter massivem politischem Druck, "Vermögenssünder" zu bestrafen.

Auch die UBS hatte in Frankreich indessen eine sehr offensive Strategie gewählt. In den USA und Deutschland war sie noch außergerichtliche Vergleiche eingegangen, was ihr Bußen von bloß 780 und 300 Millionen Dollar einbrachte. In Frankreich schlug die Bank die neu geschaffene Möglichkeit einer Verhandlungslösung aus. Diese hätte eine Buße in der ungefähren Höhe der Kaution ausgelöst, also 1,1 Milliarden Euro. Schon sie war für französische Verhältnisse sehr hoch. Die UBS wandte sich deshalb an den Europäischen Menschengerichtshof, blitzte aber ab.

Forscher Auftritt

Mit dem selbstbewussten, eher forschen Auftritt ist die UBS nun zumindest erstinstanzlich an die Wand gefahren. Sie übersah wohl einen weiteren Punkt: Der Finanzplatz Paris hat bis heute nicht verdaut, dass die US-Justiz der französischen Bank BNP Paribas eine Buße von neun Milliarden Dollar (und der Société Générale 1,34 Milliarden Dollar) aufgebrummt hatte. Gut möglich, dass die französische Justiz nun ihrerseits ihre Macht gegenüber der Schweizer Bank ausspielen wollte.

So muss die UBS den unangenehmen Befund schlucken, dass sie in Paris mit dem französischen Fiskus und dem politisierten Justizapparat an einen stärkeren Gegner geraten ist. Die beidseits gesuchte oder zumindest akzeptierte Konfrontation verunmöglichte schließlich auch eine Einigung, wie sie die Privatbank HSBC mit dem französischen Staat gefunden hatte: Sie zog sich 2017 mit 300 Millionen Euro aus der Affäre.

Der Schweizer Finanzplatz hat 2013 offiziell auf eine Weißgeldstrategie umgeschwenkt. Seitdem gelten strikte Regelungen dazu, wann Schweizer Kreditinstitute Geld von ausländischen Kunden annehmen. So müssen reiche Anleger etwa nachweisen, woher die Mittel stammen. Die NGO Tax Justice Network kritisiert aber immer wieder, dass die Schweiz diese Weißgeldstrategie nur selektiv einsetzt: Während das Land gegenüber anderen Industriestaaten auf Transparenz setzt, können afrikanische und südamerikanische Kunden bis heute diskret ein Konto eröffnen. (Stefan Brändle aus Paris, 20.2.2019)