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Albanische und kosovarische Flaggen bei den Feiern zum elften Unabhängigkeitstag des Kosovo in Prishtina am vergangenen Sonntag.

Foto: AP/Visar Kryeziu

Die Anspannung ist im ganzen Land zu spüren. Der Druck auf den Kosovo, ein Abkommen mit Serbien, das Grenzänderungen einschließt, zu unterschreiben, wächst. Die US-Administration unter Donald Trump hat dies zu ihrem Ziel auf dem Balkan erkoren. Das Abkommen soll bis Juni fertig sein. Im März soll mit den Verhandlungen begonnen werden. Als Lobbyist wird immer wieder Corey Lewandowski genannt, ein Exwahlkampfstratege von Trump.

Bisher verhinderte nur der kosovarische Premier Ramush Haradinaj den Beginn von Verhandlungen, weil er hohe Zölle für Waren aus Serbien und Bosnien-Herzegowina eingeführt hat. Serbien verlangt, dass die Zölle vom Tisch kommen, und will erst danach verhandeln. Haradinaj will jedoch die Grenzänderungen – geplant ist ein Gebietstausch nach ethnischen Kriterien – verhindern und bleibt deshalb bisher hart. Aus diesem Grund stehen nun auch ein Regierungswechsel oder Neuwahlen im Raum.

Sitz in der Uno

Dabei ist Haradinajs Haltung gleich wie jene der allermeisten Kosovaren, die keinen Gebietstausch wollen – auch die kürzlich etablierte Multiparteienplattform hat sich klar gegen Grenzänderungen positioniert. Doch für den serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic ist dies die zentrale Bedingung, um den Kosovo anzuerkennen. Der Kosovo soll dafür auch einen Sitz in den Vereinten Nationen bekommen.

Die Änderung der Grenzen des Kosovo würde allerdings nicht nur der Verfassung und dem Ahtisaari-Plan widersprechen, der über der Verfassung steht, sondern die westliche Politik, die bisher Grenzziehungen nach ethnischen Kriterien ausgeschlossen hat, auf den Kopf stellen.

Geboren wurde die Idee offenbar bei einem Treffen zwischen dem albanischen Premier Edi Rama und Vucic im Oktober 2016. Doch das Vorhaben wird bereits seit vielen Jahren von serbischer Seite verfolgt. Es geht darum, den mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo an Serbien anzuschließen, um einen Teil der alten Idee von Großserbien zu verwirklichen und völkische Ideologien zu legitimieren.

Edi Rama – auf der anderen Seite – präsentiert sich schon seit langem als der große "Albanerführer" in der Region und setzt damit auf die gleiche völkische Karte wie Vucic. Er will offensichtlich Großalbanien – inklusive Kosovo – kreieren. Am 14. Februar sagte Rama in einer TV-Debatte in Tirana, dass für ihn "Kosovo ein Teil Albaniens ist". Der Politologe Arben Hajrullahu von der Universität Prishtina sieht dies "als eine billige populistische Aussage, die einer verbalen Aggression gegen den kosovarischen Staat gleichkommt." "Im Normalfall hätten die kosovarischen Autoritäten sofort den albanischen Botschafter einbestellen und eine Protestnote schicken müssen", meint Hajrullahu.

Staat infrage stellen

Egal ob solche aggressiven Aussagen aus Serbien oder aus Albanien kommen, es ginge immer darum, dass der Staat Kosovo infrage gestellt würde. Nationalisten in Bosnien-Herzegowina wollten schon in den 1990er-Jahren Grenzen nach ethnischen Kriterien ziehen, deshalb kam es zum Krieg mit 100.000 Toten und einem Genozid gegen Menschen mit muslimischen Namen. Grenzänderungen nach ethnischen Kriterien im Kosovo würden diesen Nationalisten in Bosnien-Herzegowina auch heute starke Argumente liefern.

Schuld daran, dass es überhaupt zu dieser Debatte kommen konnte, sei aber die EU, so Hajrullahu, weil sie es zugelassen habe, dass über Grenzänderungen nach ethnischen Kriterien gesprochen werde. "Das widerspricht allen Werten Europas." Unklar ist, weshalb die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Kommissar Johannes Hahn voriges Jahr im Mai/Juni plötzlich ihre Haltung dazu geändert haben. (Adelheid Wölfl aus Prishtina, 21.2.2019)