Korneuburg – Der Fall von Radica S. zeigt den janusköpfigen Charakter des Internets. Ihr Auftritt in der digitalen Welt hat es der 51-Jährigen erleichtert, an ihre Opfer zu gelangen. Und gleichzeitig dazu geführt, dass sie im vergangenen November unter dem Verdacht des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls festgenommen wurde.

Verhandelt wird vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Anna Wiesflecker am Landesgericht Korneuburg: S. bekennt sich in neun von zehn angeklagten Fällen schuldig. Ja, sie habe zwischen 2015 und Oktober 2018 ihre Stellen als Putzfrau im Bezirk Tulln genutzt, um die Kundinnen zu bestehlen. Schmuck und Uhren im Wert von mehreren zehntausend Euro waren die Beute, die sie verkaufte, verpfändete – oder ihrer Tochter schenkte.

Schmuck nur "ausgeborgt"

Letzteres wurde der seit Jänner 2016 einschlägig Vorbestraften zum Verhängnis. Eines der Opfer schöpfte Verdacht gegen die Raumpflegerin und begann zu recherchieren. Auf Facebook sah sie Urlaubsfotos der Tochter der Angeklagten – auf denen die junge Frau den Schmuck des Opfers trug. Nach ihrer Festnahme argumentierte S. noch, sie habe erstens gedacht, der Schmuck sei ohnehin falsch – und zweitens habe sie ihn sich nur ausgeborgt.

Vor Wiesflecker bestreiten S. und ihr Verteidiger nur den schadensmäßig größten Brocken. Zwei Goldnuggets, eine Citizen-Uhr und Bargeld im Gesamtwert von knapp 30.000 Euro habe sie nicht gestohlen. "Der Modus Operandi passt auch nicht. Die Zeugin sagt, sie habe ihre Putzfrau über verteilte Handzettel gefunden, meine Mandantin hat aber immer auf einer Internetplattform inseriert. Außerdem soll die Täterin sich als 'Maria' vorgestellt haben", argumentiert der Rechtsbeistand.

Diebstahl erst nach halbem Jahr bemerkt

Das betroffene Opfer identifiziert die Angeklagte zunächst dennoch ohne Zögern. Auf Nachfrage muss sie aber zugeben, sich nicht hundertprozentig sicher zu sein. Sie habe die Täterin nur drei-, viermal gesehen, und das sei im Sommer oder Herbst 2015 gewesen, sagt die Zeugin. Dass sie zum Diebstahlopfer wurde, habe sie überhaupt erst im Frühjahr 2016 bemerkt. Auf die Angeklagte sei sie erst im Zuge der Medienberichterstattung nach der Festnahme aufmerksam geworden.

Von diesem Vorwurf wird S. schlussendlich freigesprochen, in Wahrheit macht er angesichts der eingestandenen Taten das Brassica oleracea convar. capitata var. alba auch nicht mehr fett. S. wird zu 20 Monaten unbedingt verurteilt, die offenen sieben Monate der Vorstrafe werden widerrufen. Den Opfern muss sie die Schäden ersetzen. Was in diesem Fall ungewöhnlicherweise möglich scheint: S. lebt in einer geerbten Eigentumswohnung im Wert von 200.000 Euro. (Michael Möseneder, 22.2.2019)