Kinderkriegen geht Hand in Hand mit einer erhöhten Lebensdauer.
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Die Auswirkungen von Alkohol, Rauchen oder Sport auf die Lebenserwartung sind hinlänglich dokumentiert. Doch wie beeinflussen individuelle und alltägliche Umstände wie das Kinderkriegen und Heiraten die Sterbewahrscheinlichkeit und Todesursachen?

Dieser noch kaum erforschten Frage gingen Forscher aus Portugal und von der Universität Klagenfurt nach. Dabei gingen sie von der sogenannten "elterlichen Ko-Immunisierungshypothese" aus, die besagt, dass das Immunsystem der Eltern wiederaufgefrischt und damit gestärkt wird, sobald ihre kleinen Kinder sämtliche Infektionskrankheiten durchmachen.

Reichtum bringt weniger als Kinder

Die Ergebnisse der Studie, die im Fachjournal "Scientific Reports" erschien, reichten allerdings weit über Infekte hinaus: Demnach haben Eltern auch ein geringeres Risiko, an Krebs, Herzkrankheiten, Unfällen, Mord und Selbsttötung zu sterben als Menschen, die keine Kinder haben. Elternschaft wirke sogar lebensverlängernder als Reichtum, wie die Wirtschaftswissenschafter Paul Schweinzer von der Uni Klagenfurt und Miguel Portela von der Universidade do Minho in Braga herausfanden.

Die beiden Forscher werteten die Lebens- und Sterbedaten von 205.277 Personen aus England und Wales aus, die in Volkszählungen von 1971 bis 2011 erhoben wurden und ein Prozent der Bevölkerung umfassen (Longitudinal Study des Office for National Statistics). Bis 2011 waren 39 Prozent dieser Menschen verstorben. Die Forscher untersuchten bei ihnen mögliche statistische Zusammenhänge zwischen sozialem Status, Alter, Familienstand, Zeitpunkt und Ursache des Todes und ob sie Kinder hatten oder nicht.

Verringertes Krebsrisiko

"Kinder zu haben senkt das Sterberisiko laut unseren Ergebnissen mitunter dramatisch", sagte Schweinzer. Mütter hätten gegenüber kinderlosen Frauen ein um 72,5 Prozent verringertes Risiko, an Krebs zu sterben (im Durchschnitt über die Lebensspanne zwischen 50 und 90 Jahren). Für 70-Jährige betrage zum Beispiel das absolute Risiko eines Krebstodes ohne Kinder 1,3 Prozent und mit Kindern 0,4 Prozent. Sie haben auch ein um die Hälfte verringertes Risiko, an Infektionskrankheiten zu sterben, und ein jeweils um ein Drittel vermindertes Risiko, Herzproblemen zu erliegen oder durch Unfälle, Mord oder Selbstmord zu Tode zu kommen, berichteten die Forscher.

Für Männer gilt Ähnliches, wenngleich die Effekte nicht ganz so ausgeprägt sind: Das Risiko, an Infektionskrankheiten zu sterben, ist bei Vätern gegenüber kinderlosen Männern um ein Drittel reduziert, bei Krebs und Herzinfarkten um rund zwei Drittel und bei Unfällen, Mord und Selbstmord um gut die Hälfte.

Verschiedene Effekte von Ehe

Untersucht wurden auch die Auswirkungen von Ehe: "Verheiratet sein ist je nach Krankheit mit positiven oder negativen Sterbekorrelationen verbunden", sagt Schweinzer. So steigt die Sterbewahrscheinlichkeit in Bezug auf Krebs bei Männern etwa um 70 Prozent. Auf der anderen Seite verringert das Eheleben laut der Studie die Sterberisiken für Unfälle, Mord und Selbsttötung (um ca. die Hälfte), sowie Infektionskrankheiten (um ein Viertel).

Während die zweite "Durchimmunisierung" durch kleine Kinder das verminderte Risiko für Infektionskrankheiten erklären könne, seien die genauen Gründe für andere Todesursachen noch weitgehend unklar und müssten noch eingehender untersucht werden, unterstrichen die Forscher. Möglich wäre jedoch, dass Kinder zu veränderten – gesünderen – Verhaltensweisen der Eltern beitragen, während kinderlose Verheiratete eher zu einem ungesünderen Lebenswandel tendieren.

Zudem verglichen die beiden Forscher die Effekte von Kindern im Vergleich zu Statusvariablen wie hohem Einkommen und Besitz. "Reiche Menschen leben natürlich länger, aber für uns war überraschend, dass sich die Präsenz von Kindern durchwegs stärker positiv auf die Überlebensrate auswirkt als hohes Einkommen und Wohnungs- oder Hauseigentum. In unseren Ergebnissen ist Kinder zu haben immer mit stärker reduzierten Sterbewahrscheinlichkeiten verbunden als alle anderen untersuchten Variablen."

Übrigens: Die Anzahl der Kinder hat laut der Studie keinen statistisch messbaren Einfluss auf die Lebensdauer. Der "Überlebensschutz" wirkt bereits ab dem ersten Kind. (kri, 22.2.2019)