Hans Peter Doskozil will eine "Sicherungshaft" nicht nur für Asylwerber, sondern auch für Österreich.

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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat erfolgreich gezündelt. Nach tagelangem Hin und Her hat die Diskussion um die Einführung einer "Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber" über das Wochenende an Fahrt aufgenommen.

Erst erteilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Auftrag zu juristischen Vorarbeiten für eine "Sicherungshaft mit richterlicher Kontrolle". Dann ließ sich der künftige Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Peter Doskozil (SPÖ), nicht lumpen: Wenn schon, dann habe der präventive Freiheitsentzug ebenso "gefährliche Österreicher" zu treffen: Präventivhaft für alle.

Dazwischen zeigte sich der Vorarlberger Landeschef Markus Wallner (ÖVP), der nach dem Mord am Leiter der Sozialabteilung in der Dornbirner Bezirkshauptmannschaft durch einen Asylwerber besonders gefordert ist, von dem Plan angetan. Nur dass er wiederum von "konsequenter Verhängung von Schubhaft" sprach.

Rütteln an Grundfesten der Demokratie

Doch worüber, bitte, wird hier wirklich gesprochen? Über welche Art rechtlicher Neuerung wird verhandelt? Fast könnte man meinen, manche Politiker vermischten die Begriffe. Und es sei ihnen nicht klar, wie stark diese Diskussion an den Grundfesten der Demokratie rüttelt – während andere in dieser Begriffsverwirrung vielleicht Chancen erblicken, zum Schlag gegen bisher verbriefte Rechte ausholen zu können.

Tatsächlich steht bei den Sicherungshaftplänen viel auf dem Spiel. Konkret geht es dabei um das Recht auf persönliche Freiheit, das auf der Menschenrechtsagenda, wie sie seit Ende der Nazidiktatur existiert, nicht zufällig weit oben steht. Im Nationalsozialismus und in anderen Diktaturen entledigte man sich unerwünschter Menschen durch Haft und durch noch Schlimmeres. Daraus hat die Staatengemeinschaft ihre Lehren gezogen.

Nach welchen Kriterien?

Seitdem sind die Gründe für Freiheitsentzug in modernen Demokratien klar abgegrenzt. Eingesperrt werden darf eine Person nur im Fall von Tatverdacht, nach richterlichem Urteil und zum Sichern einer Abschiebung – sowie in genau abgezirkelten Fällen krankheitsbedingter Selbst- oder Fremdgefährdung. Allein wegen "Gefährlichkeit" kann man in diesem bewährten System einen Menschen nur dann inhaftieren, wenn gleichzeitig ein Gesetzesverstoß oder der begründete Verdacht eines solchen vorliegt.

Genau das will Österreichs Regierung nun entflechten. Doch wer, so fragt man sich, ist dazu berufen, eine Person als besonderes Risiko für andere zu beurteilen? Nach welchen Kriterien soll das geschehen?

Im Fall sich zuspitzender Gewaltbeziehungen fordern Vertreterinnen von Frauenhäusern und Gewaltschutzzentren seit Jahren, die Schwelle für U-Haft von Gefährdern zu senken. Wegen genau dieser Bedenken ist man bisher zu keiner Lösung gekommen. Intensive Zusammenarbeit zwischen Justiz und Experten, um das Risiko in Einzelfällen besser abschätzen zu können, gibt es bisher nicht.

Auch im Fall "gefährlicher Asylwerber" sind derlei Fachgespräche dem Vernehmen nach nicht geplant. Stattdessen ruft man laut nach einem Gesetz, das Asylwerber im Fall prognostizierter Probleme von der Straße holt. Und man fährt Kritikern des Plans rüde über den Mund, wie es der Kanzler beim Bundespräsidenten getan hat.

"Wir brauchen keine Skepsis", richtete Kurz Alexander Van der Bellen via Aussendung aus. Alles in allem: ein Grund zur Besorgnis. (Irene Brickner, 24.2.2019)