Im Miniatur-Tirolerland beim Naschmarkt in Wien ist die Welt noch idyllisch. Urige Hütten, die perfekte Menge Schnee, zufriedene Gäste, emsiges Personal, alles da. In der realen Welt fehlt es hingegen an dem einen oder anderen, zum Beispiel am Tourismuspersonal.

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Koch und Kellner händeringend gesucht, so tönen Tourismusbetriebe seit Jahren. Vor allem in den Skigebieten – so hat es vor Beginn der Wintersaison geheißen – sei der Mangel mancherorts so groß, dass manche Betriebe gar nicht erst aufsperren könnten. Allen Unkenrufen zum Trotz, die Branche sei womöglich auch selbst schuld, dass Arbeitsuchende sich weniger anstrengenden Jobs mit unter Umständen besseren Arbeitsbedingungen zuwenden, fassten sich Hoteliers und Gastronomen unter der türkis-blauen Regierung ein Herz. Sie verlangten, was ihnen SPÖ-Sozialminister Alois Stöger bis 2017 abgeschlagen hatte: leichteren Zugang für Köche und Kellner aus Drittstaaten.

Wenig Andrang

Der Wunsch ging in Erfüllung. Seit 1. Jänner stehen beide auf der Mangelberufsliste, der Kellner auf der regionalisierten, der Koch bundesweit. Der Andrang ist allerdings mehr als bescheiden, wie erste Zahlen zeigen. Von den erhofften hunderten Kräften ist weit und breit keine Spur. Mit Ende Jänner wurden insgesamt genau sieben Rot-Weiß-Rot-Karten österreichweit in diesem Bereich anerkannt, sowohl für Köche als auch für Kellner.

Dabei war vor allem in den westlichen, tourismuslastigen Ländern Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich die Hoffnung groß, dass vor allem mit der Regionalisierung der Mangelberufsliste der Fachkräftemisere ein Ende gesetzt werden könnte. Maximal 300 Plätze pro Jahr sollten über diese Liste verfügbar werden, vor allem die Gewerkschaft lief dagegen Sturm.

Nicht nur die Zahl der positiv erledigten Anträge ist ernüchternd. Auch das Interesse scheint bescheiden zu sein. So sind in Vorarlberg (Stand Mitte Februar) drei Anträge auf Koch in Bearbeitung, erteilte Rot-Weiß-Rot-Karten gibt es bislang nicht, heißt es auf STANDARD-Anfrage beim dortigen Arbeitsmarktservice (AMS). Beim AMS Tirol (inklusive Innsbruck) wurde sieben Anträge für Köche (bundesweite Liste) und drei auf Kellner (regionalisierte Liste) eingebracht, noch sind sie in Bearbeitung. In Salzburg wurde über die regionalisierte Liste gerade einmal ein Antrag auf Kellner eingebracht und genehmigt – der Mann kam aus Nigeria.

Bescheidene Erfolge

Auch in Oberösterreich hält sich das Interesse in Grenzen. Beim AMS in Linz kann man aber immerhin von bescheidenen Erfolgen berichten. Bis Mitte Februar wurden drei Fachkräfte für die Gastronomie bewilligt, zwei Köche, ein Kellner, sie kamen aus Indien, der Türkei und Kasachstan.

Dabei war noch im Dezember, als die entsprechende Verordnung in Begutachtung ging, bei manchen die Erwartung außerordentlich hoch. Der Tourismus (und viele andere Branchen) hätte auf die Anpassung der Mangelberufsliste "schon sehnsüchtig gewartet, weil sie einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel leisten kann", hat Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer, da hoffnungsfroh kundgetan. Etwas vorsichtiger hatte sich Petra Nocker-Schwarzenbacher geäußert. "Es wird nicht die große Masse kommen", sagte die Tourismusobfrau und rechnete mit "ein paar Hundert Köchen" – aus der Ukraine etwa, die einen Teil der im Dezember 8500 offenen Tourismusjobs besetzen sollten.

Obwohl man davon derzeit meilenweit entfernt ist, will Thomas Netzer, Chef der AMS-Geschäftsstelle in Innsbruck, dennoch nicht von einem Misserfolg sprechen, noch nicht. Es sei zu früh für die Beantwortung der Frage, ob die "leichtere" Akquirierung von Tourismusfachkräften aufgrund der Regionalisierung der Mangelberufe gelingen wird. "Es wird wohl noch reintröpfeln. Ich glaube schon, dass da etwas zu holen ist, aber ob das die ganz große Entlastung wird, wie erhofft, da möchte ich noch abwarten."

Der Bedarf sei da, davon geht Netzer aus. Für den Winter und die damit verbundene Saisonspitze mussten die Betriebe vorsorgen, da kam die mit Jänner regionalisierte Liste zu spät, sagt Netzer. Die Unternehmer hätten sich eben nach der Decke gestreckt und Notlösungen gefunden, bestehendes Personal musste mehr arbeiten, vereinzelt wurden Dienstleistungen reduziert, zählt er auf.

Weitere Hürden

Bei der AMS-Geschäftsstelle in Linz sieht man noch andere Hürden. Acht Anträge wurden dort abgelehnt – die Bewerber kamen etwa aus Bosnien, Serbien, Albanien und Äthiopien. Meist mangelt es an der geforderten Qualifikation, sagt Peter Arnberger vom AMS Linz – wobei selbige gar nicht so leicht festzustellen sei.

Nachdem die Bildungssysteme nicht vergleichbar seien, solle zumindest in etwa die Ausbildungsdauer vergleichbar sein, so Arnberger: "Wir prüfen zunächst einmal wohlwollend." Aber es würden auch Leute mit unglaublichen Zeugnissen kommen, Papieren, die den Besuch eines zwei bis drei Wochen dauernden Kurses bescheinigen. Als fachliche Qualifikation reicht das nicht. Oder es kämen Leute mit einem Abschlusszertifikat einer Tourismusschule etwa in Ägypten, aus dem weder Dauer der Ausbildung noch deren Inhalte hervorgingen.

Dass so wenige Anträge gestellt werden, hätte aber dann doch überrascht, sagt Arnberger. "Nachdem österreichweit nur 300 Plätze über die regionale Liste zusätzlich kamen, haben wir befürchtet, dass Tirol und Salzburg die gleich besetzen." Auch der Innsbrucker AMS-Chef Netzer räumt ein, dass er mehr erwartet habe. Allerdings seien die Voraussetzungen für die Erteilung der Rot-Weiß-Rot-Karte nicht zu unterschätzen. Tourismusobfrau Nocker-Schwarzenbacher sagt, die Anforderungen für Bewerber – möglichst jung, möglichst viel Praxis, profunde Ausbildung, zertifizierte Sprachkenntnisse – seien alles in allem zu hoch. Das Instrument funktioniere so nicht.

Nun sei man mit Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) in Gesprächen. Ziel sei eine Lockerung der Kriterien. "Derzeit ist die Tür offen, aber nur so weit, dass keiner durchpasst."(25.2.2019)