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In Hanoi laufen die Vorbereitungen auf den Gipfel. In Washington fürchten Hardliner, US-Präsident Donald Trump könnte nicht ausreichend vorbereitet sein.

Foto: Reuters / Kim Kyung Hoon

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US-Präsident Trump ist in Vietnam angekommen.

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Der "große Marschall" nimmt die Sache mit den Atomwaffen offenbar persönlich. "Ich bin Vater und Ehemann", soll Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un US-Gesandten jüngst gesagt haben, "und ich will nicht, dass meine Kinder ihr ganzes Leben Atombomben auf ihren Rücken herumschleppen müssen." Donald Trump hat, so sagen seine Mitarbeiter unter dem Schutz der Anonymität, ebenfalls eigennützige Motive, die Atomabrüstung auf der Koreanischen Halbinsel voranzutreiben. Er möchte es seinem Amtsvorgänger Barack Obama gleichtun und einen Friedensnobelpreis entgegennehmen dürfen. Am Dienstag sind die beiden Staatschefs in Hanoi eingetroffen.

Wohlwollen der beiden Staatenlenker darf also wieder erwartet werden, wenn die zwei ab Mittwoch in der vietnamesischen Hauptstadt zu ihrem zweiten Gipfel zusammentreffen. Darüber hinaus ist die Hoffnung allerdings gedämpft. Denn seit dem Gipfel von Singapur im vergangenen Juli sind die Spannungen zwar gesunken, die konkreten Fortschritte aber klein: Der aufsehenerregenden Sprengung des Atomtestgeländes Punggye-ri, die Kim bereits vor dem Juli-Treffen mit Trump hatte durchführen lassen, ist der bisher letzte einigermaßen überprüfbare Abrüstungsschritt. Und es ist unsicher, ob die Anlage nicht schon vor der Sprengung unbenützbar gewesen sein könnte.

Inspektoren und Verträge

Zudem meinen westliche Staaten, statt Anzeichen für Abrüstung sogar weiteren Waffenbau in Nordkorea ausgemacht zu haben. Kim lasse weiter Atombomben fertigen, auch zwei Langstreckenraketen soll Nordkorea im Jahr 2018 hergestellt haben.

Daher soll es in Hanoi um Handfestes gehen: Angeblich hat Pjöngjang bei Treffen mit dem US-Sondergesandten für Nordkorea, Stephen Biegun, durchklingen lassen, dass man über eine Schließung der Reaktoranlage in Yongbyon zu reden bereit sei. Dort, so glauben auch die Geheimdienstler, liefen bis dato viele Fäden der nordkoreanischen Atomaktivitäten zusammen. Würde Kims Regierung die Anlage ruhen lassen, und auch Prüfungen durch internationale Inspektoren erlauben, könnte dies den Bau neuer Atombomben zumindest massiv verlangsamen.

Umgekehrt hat auch Nordkorea zahlreiche Wünsche: Teils erfüllbar scheint die Forderung, die USA mögen ihre Übungen mit der südkoreanischen Armee weiter zurückfahren oder ganz beenden. Außerdem strebt Pjöngjang nach internationalem Respekt und nach Anerkennung. Dazu zählt in der Sicht des Kim-Regimes eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen mit den USA und ein formeller Friedensvertrag für den Koreakrieg, der seit 1953 de jure nur durch einen Waffenstillstand zum Erliegen kam.

Mit Trump über den Tisch

Eine Normalisierung möchten die Falken in der US-Regierung – dazu zählen Vizepräsident Mike Pence und Sicherheitsberater John Bolton – ohne Abrüstung Nordkoreas nicht anbieten. Folgt der unberechenbare Präsident ihrem Rat, wäre möglich, dass die USA und Nordkorea stattdessen Kontaktbüros im jeweils anderen Staat eröffnen. Dazu wurde schon vorverhandelt.

Einen Friedensvertrag wünschen sich auch China und Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Letzterer kann ihn ohne USA aber nicht abschließen. Aus mehreren Gründen, aber vorrangig, weil Südkoreas Ex-Diktator Syngman Rhee 1953 im Streben nach Wiedervereinigung den Waffenstillstand mit Nordkorea, China und den US-geführten UN-Truppen nicht unterzeichnete. (Zudem spielt eine Rolle, dass die USA im Kriegsfall immer noch die operationelle Kontrolle der südkoreanischen Armee innehaben.)

Geopolitische Probleme

Dass Trump mit Blick auf den Nobelpreis einem Friedensschluss ohne Gegenleistungen zustimmen könnte, ist eine der großen Sorgen der US-Hardliner, die in diesem Fall auf absehbare Zeit auch einen Abzug der 30.000 US-Soldaten aus Südkorea fürchten, die sie auch aus Gründen des geopolitischen Wetteiferns mit China aber unbedingt dortbehalten wollen. Außenminister Mike Pompeo soll erst gesagt haben, er fürchte, Kim ziehe Trump über den Tisch – etwa, indem er Sanktionen erlässt.

Doch nicht nur der US-Präsident hat mit internen Gegnern zu kämpfen. Glaubt man einem Bericht des "Wall Street Journal", soll Kim vergangenes Jahr 50 bis 70 Mitglieder wichtiger Familien, die der Annäherung kritisch gegenüberstanden, einsperren, ins Exil treiben oder haben töten lassen. (Manuel Escher, 26.2.2019)