Facebook gerät für die Behandlung seiner Moderatoren erneut in die Kritik

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Sie sind die Müllschlucker von Facebook: Zehntausende Menschen durchwühlen weltweit das soziale Netzwerk, um gewaltvolle, pornografische oder gefährliche Inhalte auszusieben. Sie sitzen in den Philippinen, in Berlin oder in den USA – und haben meist prekäre Arbeitsbedingungen, wie nun erneut ein Bericht des Techportals "The Verge" enthüllt hat. Dessen Reporter sprach mit mehreren einstigen Mitarbeitern einer Firma in Phoenix, die für Facebook Moderationstätigkeiten übernimmt.

Holocaust-Leugner

Besonders die psychischen Auswirkungen des Jobs sorgen nun für Aufsehen. So traf The Verge ehemalige Mitarbeiter der Firma, die durch die geballte Beschäftigung mit Verschwörungstheorien selbst zu deren Anhängern wurden. Ein Ex-Moderator glaubt nun daran, dass die Erde flach ist. Ein anderer stellt den Hergang der Terroranschläge vom 11. September 2001 infrage, ein anderer sogar den Holocaust.

Marihuana und Sex

Die tägliche Beschäftigung mit brutalen Inhalten soll dafür sorgen, dass Mitarbeiter selbst psychisch krank werden. Sie versuchen laut The Verge, durch das Rauchen von Marihuana in Arbeitspausen oder spontanem Sex mit Kollegen Ablenkung zu finden. Außerdem leben sie in ständigem Druck: Nur wenige Fehler können dazu führen, dass sie entlassen werden. Während Facebook-Mitarbeiter im Schnitt 240.000 Dollar pro Jahr verdienen, erhalten die Moderatoren in Phoenix nur 28.800 Dollar pro Jahr.

Einzelfälle?

Facebook gab an, dass es sich bei den von The Verge dokumentierten Vorfällen keineswegs um den typischen Arbeitsalltag von Moderatoren handle. Das Unternehmen erlaubte dem Reporter, das Büro in Phoenix selbst zu besuchen und stellte Mitarbeiter bereit, die ein komplett anderes Bild zeichneten.

Fakt bleibt aber, dass Facebooks Moderatoren nur zwanzig Prozent über dem US-Mindestlohn verdienen und von Facebooks eigenen Mitarbeitern nicht als Kollegen gesehen werden. "Das Call Center-Modell der Inhaltsmoderation verlangt einen hohen Preis von seinen Arbeitern", so The Verge abschließend. Doch darüber spreche Facebook nicht – vielmehr preise das Unternehmen lieber Künstliche Intelligenz im Kampf gegen gefährliche Inhalte an. (red, 26.2.2019)