Es geschah in Wien, einem russischen Politiker wurde die Oberschenkelarterie aufgeschlitzt. Eine Minute hat es gedauert, bis er verblutet ist. Seine Freundin war Zeugin des Mordes. Mit der Aufklärung des Falles wird Eve Polastri (Sandra Oh, bekannt aus "Grey's Anatomy") betraut, sie arbeitet beim Geheimdienst MI5 in London und macht sich gleich zu Beginn der achtteiligen Serie "Killing Eve" (seit Freitag ist die erste Staffel via Amazon-Kanal Starzplay abrufbar) mit ihrer schnoddrigen Beharrlichkeit unbeliebt.

Eve ist sich sicher, dass der Russe von einer Frau um die Ecke gebracht wurde. Kameraaufzeichnungen gibt es keine, der Mord geschah im toten Winkel. Einen Beweis für ihre Frauenthese hat sie also nicht, es ist mehr ein Bauchgefühl. Und das trügt bekanntlich selten.

Eines aber ist sonnenklar: Wer hier gemordet hat, kennt sich aus in seinem Metier. Kein Wunder, denn die Mörderin – Eve hat recht, es ist eine Frau – ist ein Profi. Und was für einer. Jodie Comer spielt die Killerin Vilanelle mit einer unsympathischen Kaltblütigkeit, die einen lustvoll schaudern lässt. Nichts, aber echt gar nichts scheint ihr nahezugehen. Was sie mag, sind Schmuck, teure Kleider, opulente Möbel, ihr Luxusleben in Paris. Und das finanziert sie sich eben mit der Auslöschung anderer.

"Killing Eve": Trailer zur ersten Staffel.
All Trailers and Promos

Vilanelle Mörderjob führt sie in den ersten Folgen von Wien in die Toskana, später nach London, Bulgarien, Berlin. Sie ist Einzelgängerin – vor allem Einzeltäterin – und nimmt ihre Aufträge von nur einem Auftraggeber an. Ihren Job erledigt sie mit solch einer perfiden Präzision, dass das Zuschauen eine echte Wonne ist. Aber irgendwann macht auch ein Profi einen Fehler: Beim Mord in Wien wäre es wohl gescheiter gewesen, die Zeugin gleich mit zu erledigen. Aber dann hätten sich Vilanelle und Eve wohl nie kennengelernt. Was wiederum für das TV-Publikum sehr schade gewesen wäre.

Foto: BBC America

Denn Eve – ihr Schreibtischjob ist ihr auf Dauer zu fad – entwickelt sich während ihrer Jagd nach Vilanelle mehr und mehr zum würdigen Gegenüber der gnadenlosen Killerin, für die Empathie ein Fremdwort ist. Dabei wirkt Oh als Eve alles andere als straight, sie ist schusselig, oft anstrengend (das war Oh auch schon in "Grey's Anatomy") und manchmal in ihren Schlüssen etwas voreilig.

Es ist dieser Gegensatz, das die Serie sehenswert macht. Die beiden liefern sich ein Katz-und-Maus-Spiel, das immer mehr an Fahrt gewinnt. Eve ist fasziniert von der Psychopathin, umgekehrt löst Eve bei Jodie sowas wie eine menschliche Regung aus. Eine spannende Konstellation.

Schöne, kalte Killerin: Jodie Comer als Vilanelle.
Foto: BBC America

Autorin von "Killing Eve" ist Phoebe Waller-Bridge (sie spielte u. a. in "Broadchurch" und "Fleabag" mit), für die Serie adaptierte sie die Villanelle-Romane von Luke Jennings. In den USA war die BBC-America-Serie ein veritabler Quotenhit.

Sandra Oh wurde für ihre Rolle der ehrgeizigen, unkonventionellen Geheimdienstlerin Eve Polastri mit einem Golden Globe als beste Hauptdarstellerin einer Serie ausgezeichnet. Zu Recht. Die zweite Staffel startet im April auf BBC America. (Astrid Ebenführer, 27.2.2019)