Reinhard Gratl ist CFO bei Koch Media.

Foto: Koch Media

STANDARD: Was macht eigentlich Koch Media in der Rolle des Game-Publishers?

Reinhard Gratl: Wir haben zwei Rollen. Einerseits das Local Publishing und andererseits das Publishing unserer eignen IPs – konkret unter den Marken Deep Silver und Ravenscourt. Zuletzt haben wir Metro Exodus veröffentlicht. Wir übernehmen als Publisher die umfassende Betreuung bei der weltweiten Verbreitung eines Spiels. Wir bringen ein Spiel ja nicht nur in Europa raus, sondern auch in Amerika und Australien sowie im Rahmen von erweiterten Partnerschaften auch auf dem asiatischen Markt inklusive China und so weiter. Wir kümmern uns dann auf Wunsch des Partners um die Produktion, Altersfreigabe, Third-Party-Submissions, Marketing, PR und natürlich auch um den Vertrieb – physisch, als auch auf den digitalen Plattformen. Wir achten dabei auch auf die unterschiedlichen Marktzugänge und Anforderungen, die es etwa in Italien, Frankreich, Spanien, UK oder den USA gibt. Wir nehmen dem Entwickler alles ab, was nicht mit der Entwicklungsarbeit zu tun hat.

STANDARD: Wie ist Koch Media zu einem führenden Publisher avanciert?

Gratl: Wir haben als Koch Media vor 25 Jahren im Wesentlichen mit "Einkauf-Verkauf" von Softwareprodukten angefangen. Seither haben wir es geschafft uns, mit Konstanz, Durchhaltevermögen, dem richtigen Know-How und Risikobewusstsein auf Europa und USA zu konzentrieren und haben uns im Publisher-Markt gut und flexibel positioniert. Die Erfahrungen helfen uns natürlich auch, wenn wir, wie jetzt geschehen neue Märkte für uns erschließen und z.B. in Australien Fuß fassen. Gleichzeitig haben wir auf allen Ebenen versucht, eine gute Beziehung mit den wichtigsten Playern der Branche aufzubauen,zu pflegen und damit eine gewisse Langfristigkeit zu verfolgen. Wenn Sie jemanden über Jahre professionell behandeln und eine nachhaltige Partnerschaft aufbauen und pflegen, dann schaffen Sie ein starkes Vertrauensverhältnis auf und darum geht’s in jedem Geschäft. Wir haben auch gute Beziehungen mit Sony, Microsoft sowie Nintendo und konnten uns durch den Kauf von Firmen in einigen Ländern ein gutes Marktverständnis aufbauen. Wichtig war es für uns auch schon immer, auf Trends zu reagieren. Was wollen unsere Spieler und welche Möglichkeiten ergeben sich auf den unterschiedlichen Plattformen?

STANDARD: Was macht eigentlich ein Spiel für einen Publisher interessant?

Gratl: Für mich als Finanzchef sind ganz klar das Risikoprofil, die zeitliche Komponente und Entwicklungskosten im Verhältnis zum Verkaufspotential interessant und entscheidend. Es gibt dann eine Zielgruppenanalyse, man analysiert Vergleichstitel, Trends im Positiven wie im negativen Sinn und schaut sich dann auch die Reputation des Studios und deren IPs an. Das bedeutet aber nicht, dass nur große Namen im Rennen sind. Ganz im Gegenteil wir sind auch immer auf der Suche nach Indie-Arbeiten, wie dem im März erscheinenden, einem Fantasy Open World RPG aus der Feder eines kleinen, sehr engagierten Teams aus Kanada, in dem wir großes Potenzial sehen.

STANDARD: Was hat sich durch die Übernahme von THQ Nordic AB geändert?

Gratl: Das Entwicklungs- und Marktpotential. Wir waren früher ein privat geführtes Unternehmen und haben jetzt die Möglichkeit des Kapitalmarktes. Die Arbeit mit unserem schwedischen Gesellschafter funktioniert einwandfrei. Wir wurden zwar zu 100 Prozent übernommen, unsere operative Eigenständigkeit als Koch-Media-Unternehmensgruppe bleibt gewahrt. Die schwedische THQ Nordic AB hat uns einfach mehr Möglichkeit zum Wachstum gegeben und zusätzliches Entwicklungspotential aufgezeigt. Wir schätzen uns generell glücklich, zu jedem Zeitpunkt der Unternehmensentwicklung den optimalen Gesellschafter zu haben.

Deep Silver

STANDARD: Wieso hat Koch Media eigentlich Warhorse gekauft?

Gratl: Am 14. Februar 2018 wurden wir von der schwedischen THQ Nordic AB gekauft und am 13. Februar 2018 haben wir das erstes Spiel Kingdom Come Deliverance von Warhorse Studios weltweit unter unserem Deep Silver-Label veröffentlicht. Innerhalb von zwölf Monaten haben wir mehr als zwei Millionen Produkte von dem Spiel erfolgreich verkauft. Wir haben einfach bemerkt, dass uns das tschechische Studio hinsichtlich ihrer kreativen Ideen, des Potenzials und natürlich auch aufgrund der räumlichen Entfernung als Entwickler in Europa sehr nahe liegt und haben das Potential der über 120 Mitarbeiter gesehen. Es bleiben nach der Übernahme sowohl das Management als auch Belegschaft an Bord. Ich gehe davon aus, dass das gesamte Studio als Entwickler in einer größeren Unternehmensgruppe mehr Möglichkeiten der Weiterentwicklung und des Wachstums gesehen hat, als wenn man eigenständig und auf sich selbst gestellt bleibt. Wenn beide Partner wollen, dann kann eine solche Aquisition auch recht schnell und professionell abgewickelt werden.

STANDARD: Wie sehen die lang- und kurzfristigen Ziele von Koch Media aus?

Gratl: Wir haben kürzlich eine zusätzliche australische Vertriebsfirma gekauft, um auf einem neuen Kontinent vertreten zu sein. Generell streben wir ein profitables Wachstum in allen Bereichen an – das sichert uns langfristig eine konsequente Weiterentwicklung des Unternehmens. Wir wollen aber auch den Markt mit unseren Partnern aktiv gestalten. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor sowohl kurz- als auch langfristig sind unsere Mitarbeiter. Wir haben nun knapp 950 Mitarbeiter in der Koch Media Gruppe und im Endeffekt sind es die Mitarbeiter, die das Unternehmen durch Fleiß, Kreativität und die tägliche "Extrameile" nach vorne bringen. Natürlich müssen das Marktumfeld stimmen und auch die finanziellen Rahmenbedingungen passen. Wenn man in einem Konzern aber nicht zusammen arbeitet, dann wird die Firma recht schnell zu einer Hülle. Für mich sind die Mitarbeiter auf allen Ebenen für den Erfolg einer Firma verantwortlich. Ob der jetzt im Lager Pakete kommissionieren oder kreative Spieleentwickler sind. Erst wenn alle Mitarbeiter zusammenspielen ist ein Unternehmen erfolgreich.

STANDARD: Wie wird sich die Rolle von Games-Publishern in den nächsten Jahren verändern?

Gratl: Ich gehe davon aus, dass sich die Verkäufe zukünftig mehr in Richtung Digitalisierung entwickeln werden. Das spüren wir natürlich alle. Dadurch werden die Reaktionszeiten viel kürzer, Produkte werden digital leichter verfügbar und damit steigt natürlich auch das Potential. Eine seriöse Einschätzung ist da allerdings ganz schwierig, wir werden uns wie in der Vergangenheit den Veränderungen stellen und diese meistern.

STANDARD: Und wie schätzen Sie die Veränderungen am Spielemarkt ein?

Gratl: Ich glaube, dass das Potential größer wird, da immer mehr Menschen verschiedener Altersgruppen spielen. Man muss sich auch in Erinnerung rufen, dass der Games-Markt beispielsweise 2018 in Deutschland 3,4 Milliarden Euro erwirtschaftet hat und Kinos gleichzeitig ca. 900 Millionen Umsatz vorzuweisen haben. Da sieht man schon, welches Potential dieser Markt vorweisen kann und wie stark der Konsum an Games wächst. Sie müssen nur Spiele wir Fortnite anschauen, das kennt jeder. Durchs Smartphone, Tablet, Konsolen und dem PC gibt es mittlerweile viele unterschiedliche Möglichkeiten zu spielen. Gerade im Games-Markt ist es aber schwierig eine Einschätzung zu fällen. (Daniel Koller, 5.3.2019)