Wien/Hamburg – Das Edelmetall Platin gilt als besonders korrosionsbeständig und ist daher ein begehrtes Material – unter anderem, wenn es um zuverlässige Messgeräte geht. Und doch ist ein Stück Vorsicht angebracht: Wie Forscher aus Deutschland und Österreich im Fachblatt "Solid State Ionics" berichten, kann Platin nämlich auch unerwartet schnell oxidieren.

Das Team, dem auch Jürgen Fleig vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der Technischen Universität (TU) Wien angehörte, führte seine Messungen am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg durch. Unter die Lupe nahmen die Forscher eine Struktur, die beispielsweise in Sonden zur Kontrolle des Sauerstoffgehalts von Abgasen in Autos eingesetzt wird. Dabei handelte es sich um einen Yttrium-stabilisierten Zirkonkristall (YSK-Kristall) mit einer aufgedampften dünnen Platin-Schicht.

Die Überprüfung

Aus technischer Sicht sei Platin ein "sehr wichtiges Material". Noch nicht hinreichend geklärt sei hingegen, "unter welchen Bedingungen Platin oxidieren kann", so der Erstautor der Studie, Thomas Keller von der Universität Hamburg. Um das zu untersuchen, legten die Wissenschafter eine kleinere elektrische Spannung an den YSK-Kristall an. Dadurch kam die Struktur auf eine im realen Einsatz übliche Betriebstemperatur von rund 450 Grad Celsius. Unter der Platinschicht sammelte sich daraufhin Sauerstoff, der dann einen Druck von bis zu zehn Bar ausübte. Das ließ Bläschen mit einem Durchmesser von rund 1.000 Nanometern auf der Platinbeschichtung entstehen.

Dieses Phänomen sei war zwar schon vorher bekannt gewesen – wie es sich auf die Funktion solcher Bauteile auswirkt, lag aber noch im Dunkeln. Die Forscher machten sich daher daran, mit einem fokussierten Ionenstrahl die winzigen Platinblasen aufzuschneiden und fanden eine bis zu 85 Nanometer dicke Platinoxidschicht an der Innenseite – viel dicker als erwartet. Zur Überraschung der Wissenschafter zeigte sich diese "massive Oxidierung" schon unter Bedingungen, wo dies eigentlich noch nicht beobachtet wurde.

An sich sei Platin "ein hochstabiles Material und wird gerade deshalb für viele Anwendungen wie beispielsweise den Auto-Katalysator gewählt, weil es sich eben nicht so schnell verändert. Unsere Beobachtung ist daher wichtig für solche Anwendungen", sagte Sergey Volkov von der Uni Hamburg. Offenbar beschleunige der hohe Druck des Sauerstoffes die Oxidation stark, so die Forscher, die in ihrem Ergebnis auch einen Hinweis darauf sehen, dass sich ähnliche Phänomene auch an anderen Materialübergängen finden. Die neuen Erkenntnisse sollten daher beim Bau und Betrieb solcher elektrochemischer Sensoren beachtet werden. (APA, red, 28. 2. 2019)