Köstendorf im Flachgau ist derzeit noch ein verträumtes Idyll. Bald werken hier aber die Baumaschinen für eine ÖBB-Hochleistungsstrecke.

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Die Info-Veranstaltungen zum Thema 16-Kilometer-Bahntunnel sind immer gut besucht.

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Visualisierung des Tunnelportals in Köstendorf nach der Fertigstellung.

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Salzburg – Der schmucklose und in die Jahre gekommene Gemeindefestsaal von Köstendorf ist gut besucht. Rund 200 Menschen sind der Einladung der Gemeinde zu einem Informationsabend für den geplanten Neubau der Hochleistungseisenbahn von Köstendorf an den Stadtrand der Stadt Salzburg gefolgt. Es ist nicht die erste Veranstaltung dieser Art.

Thema heute Abend: mögliche Belastungen durch beim Bau eines 16,5 Kilometer langen Tunnels austretendes radioaktives Radon und den Baustellenverkehr. Rund 21 Kilometer wird die Bahnstrecke insgesamt lang. Kostenschätzung 2,3 Milliarden Euro.

Großprojekt

Es ist mehr als naheliegend, dass in dem rund 2600 Einwohner zählenden Dorf an der nordöstlichen Landesgrenze Salzburgs ein derartiges Großprojekt fast alle anderen Themen ins Eck drängt. Auch wenn vermutlich erst 2025 mit dem Bau begonnen wird.

Wobei die meisten Köstendorfer und Köstendorferinnen nicht gegen das Projekt an sich sind. Es gehe aber darum, die Belastungen während der 15 Jahre Bauzeit möglichst gering zu halten, sagt Bürgermeister Wolfgang Wagner (ÖVP). Man wappne sich derzeit, um bei der anstehenden Umweltverträglichkeitsprüfung das Maximum an Verbesserungen herauszuholen. Verhindern könne und wolle man den Bau nicht.

Beim Thema radioaktive Belastung durch Radon kann Wolfgang Ringer von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit Ages diesen Abend Entwarnung geben. Diese werde sich durch die Baustelle und den Aushub nicht erhöhen.

Fünf Kilometer Förderband

Der enorme Flächenverbrauch der Baustelle von rund 100 Hektar, der Baustellenverkehr und die Emissionen bleiben freilich auch Thema. Allein das Förderband, das den gesamten Tunnelaushub auf eine Deponie ins oberösterreichische Lochen transportieren wird, ist fünf Kilometer lang und spannt sich teilweise in 15 Meter Höhe über Gräben und Senken.

Dass am 10. März eine neue Gemeindevertretung und ein Bürgermeister gewählt werden, daran erinnert bei der Infoveranstaltung wenig. Nur ein einzelner SPÖ-Plakatständer hat sich auf den Parkplatz vor den Festsaal verirrt.

Einigkeit demonstrieren

Gegen den amtierenden Bürgermeister Wagner von der ÖVP tritt Bernhard Weiß an. Weiß, im Zivilberuf politischer Referent im SPÖ-Landtagsklub, betont wie Wagner, dass es in Sachen Bahntunnel zwischen den Gemeindefraktionen keine Dissonanzen gebe.

Der amtierende Bürgermeister geht zwar als Favorit in die Direktwahl, für ihn ist aber die örtliche Situation trotzdem ungewohnt: Mit dem Sozialdemokraten Weiß hat er erstmals einen ernstzunehmenden Gegenkandidaten. 2014 wurde der bei der Salzburg AG beschäftigte Elektrotechniker Wagner als einziger Kandidat noch mit 92 Prozent Ja- und acht Prozent Neinstimmen gewählt. Seine Partei, die ÖVP, erreichte 2014 rund 65 Prozent.

Hallenbad und Kinderbetreuung

"Das Leben geht auch neben der Großbaustelle weiter", sagt Weiß. Und so versucht die SPÖ auch eigene Themen zu setzen: den Ausbau der Kinderbetreuung beispielsweise, den Bau von Starterwohnungen für junge Leute oder ein von mehreren Gemeinden gemeinsam betriebenes Hallenbad für den Flachgau.

Obschon das landwirtschaftlich strukturierte Köstendorf keine ganz reiche Gemeinde ist: Man kann sich etwas leisten. Immerhin hat der Kranhersteller Palfinger hier ein Werk mit rund 500 Mitarbeitern auf die Wiese gestellt. Das bringt Kommunalsteuer. Aber auch der Fairtrade-Händler EZA hat in Köstendorf seine Zentrale.

Feuerwehr und Supermarkt

"Wir sind gut aufgestellt", bestätigt auch Bürgermeister Wagner. Seinen Themen abseits des Tunnels sind der Neubau der Feuerwehr, die Ansiedelung eines Supermarkts, da Köstendorf bis dato keinen Markt habe, und ein Baulandmodell, um jungen Familien den Hausbau zu ermöglichen.

Am Ende werde er aber wohl daran gemessen werden, wie gut oder schlecht er das Thema Tunnelbaustelle gemeistert habe, sagt Wagner. Auch wenn er bei der Tunneleröffnung schon lange nicht mehr im Amt sein werde. (Thomas Neuhold, 28.2.2019)