"Wir haben österreichisches Recht, nicht deutsches Recht." Das war Peter Mennels erste Reaktion darauf, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am Mittwoch die umstrittene Regel 40 der Olympischen Charta deutlich gelockert haben. Auf Drängen des Bundeskartellamts wurden die Werbemöglichkeiten deutlich erweitert – für deutsche Sportlerinnen und Sportler wohlgemerkt. Darauf bezieht sich Mennel, Generalsekretär des österreichischen olympischen Komitees (ÖOC), der davon ausgeht, dass die Lockerung um sich greift. "Ich freue mich, wenn für Athleten bessere Möglichkeiten herauskommen."
Noch am Dienstag ging quasi ein Freudenschrei durch die Sportwelt, in der Annahme, dass sich andere Nationen an Deutschland orientieren werden. Laut IOC soll jedes Land gemäß der jeweiligen Rechtslage eine nationale Lösung finden. Mennel: "Wir werden uns jetzt die Sachlage genau ansehen und dann Maßnahmen setzen." Er betont das "sehr gute Einvernehmen", in dem das ÖOC mit den Aktiven stehe.
Drastische Limits
Besagte Regel 40 hatte individuelle Werbemöglichkeiten von Sportlerinnen und Sportlern bei Olympischen Spielen bis dato drastisch limitiert. Künftig können Fotos, die bei Olympischen Spielen während und abseits der Wettkämpfe aufgenommen wurden, werblich genutzt werden. Dabei dürfen auch, wie der Sportinformationsdienst (sid) ausführte, olympische Begriffe wie "Medaille" oder "Gold" verwendet werden. Zudem dürfen – deutsche! – Sportler auch Social Media freier bedienen und bestimmte Inhalte mit Grußbotschaften an Sponsoren versehen.
Bis dato durfte kein Athlet seine Person, seinen Namen, sein Bild oder seine Leistungen für Werbezwecke nutzen. Das galt im Zeitraum von neun Tagen vor Eröffnung der Spiele bis zum dritten Tag nach der Schlussfeier. In dieser Phase, "frozen period" genannt, konnte das IOC seinen Werbepartnern und Sponsoren eine Exklusivität garantieren, die es in dieser Form und zumindest in Deutschland nun jedenfalls nicht mehr gibt.
Das deutsche Bundeskartellamt hatte 2017 ein Verwaltungsverfahren gegen das IOC und den DOSB wegen Verdachts auf Missbrauch einer "marktbeherrschenden Stellung" eingeleitet. Durch die Eingeständnisse der Verbände ist das Verfahren nun abgeschlossen. Das Bundeskartellamt kündigte an, die Einhaltung der Zusagen zu kontrollieren. Sein Präsident Andreas Mundt hob die Aktiven als "die Leistungsträger der Olympischen Spiele" hervor und bestätigte, dass bei Streitfällen in Zukunft nicht mehr Sportgerichte, sondern zivile deutsche Gerichte entscheiden sollen.
Die neuen Regeln sollen in Deutschland zumindest bis nach den Winterspielen 2026 gelten. Der deutsche Säbelfechter Max Hartung, Athletenvertreter im DOSB und Gründungspräsident des Vereins Athleten Deutschland, will noch mehr erreichen, nämlich die Beteiligung der Sportlerinnen und Sportler an den Milliardeneinnahmen des IOC. (Fritz Neumann, 28.2.2019)