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Der unfreiwillige Abschied vom Job fällt nie leicht. Berufsanfänger trifft er laut einer aktuellen Studie jedoch besonders hart.

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Den Job zu verlieren schmerzt. Es trifft einen meist unvorbereitet und rüttelt am Selbstbewusstsein. Viele fallen in ein tiefes Loch. Aber auch die Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit können fatal sein: Wer arbeitslos wird, ist nachweislich eher von Bluthochdruck, Herzproblemen oder Diabetes betroffen.

Auch viele Jahre danach sind die Folgen für die Gesundheit noch bemerkbar, selbst wenn andere Anstellungen folgten, wie ein Forscherteam der Universität Bamberg zeigen konnte. Für ihre kürzlich veröffentlichte Studie werteten die deutschen Wissenschafter Daten aus der EU-Studie "Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe" aus. Dafür wurden rund 28.000 über 50-jährige Europäerinnen und Europäer rückwirkend zu ihrem Lebenslauf befragt.

Das Ergebnis der Analyse: Berufsanfänger erschüttert ein Jobverlust ganz besonders. Mehr als 30 Jahre später lassen sich noch Auswirkungen auf die Gesundheit, die auf diesen Bruch in der Biografie zurückzuführen sind, ausmachen. Das gilt sowohl für Arbeitnehmer, die entlassen wurden, als auch für diejenigen, deren Betrieb schloss.

Ganz unvermittelt

Personen, die ihre Stelle in den ersten zehn Jahren ihres Berufslebens verloren, gaben bei der Befragung mit einer im Schnitt um sechs Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit an, einen mittelmäßigen oder schlechten Gesundheitszustand zu haben.

Das Ergebnis der Studie kann der Psychologe Johann Beran bestätigen. Er weiß aus der Arbeit mit Langzeitarbeitslosen: "Auch bei jenen, die schon 40 oder 50 Jahre alt sind, haben immer noch die Urängste aus den ersten Arbeitsjahren gewirkt." Wieso ist ein Jobverlust am Beginn des Berufslebens besonders bitter?

"Das liegt daran, dass er einen viel unvermittelter trifft", sagt Beran zum STANDARD. Etwas, worauf sie nicht vorbereitet sind, nähmen Menschen als viel tragischer wahr, so der Psychologe. Mit der Zeit machten sie dann die Erfahrung, dass es im Leben eben auf und ab gehe. Als Berufsanfänger habe man das oft noch nicht verinnerlicht. "Deshalb bindet man solche Ereignisse auch noch viel stärker an seine Persönlichkeit."

Jede negative Erfahrung verstärke das Gefühl, nicht zu genügen. Die Folge: "Man kommt aus den Gedankenspiralen über eine mögliche Beziehung zwischen dem Ereignis und der eigenen Person nicht hinaus." Der Verlust des Arbeitsplatzes werde dann zur ernstzunehmenden Bedrohung für die psychische und körperliche Gesundheit. "Über viele Jahre wird die Wirkung meines Wohlfühlens, meines Selbstvertrauens und sogar des Immunsystems reduziert."

Überzogene Ansprüche

Ein wichtiger Faktor, der entscheidet, wie hart einen Menschen ein Jobverlust trifft, ist die Erziehung durch die Eltern, sagt Beran: "Haben sie einen erfolgreich dabei unterstützt, Selbstvertrauen aufzubauen? Oder erschüttert einen jede Niederlage?"

Ebenfalls nicht zuträglich seien völlig überzogene Ansprüche an sich selbst. Sie würden durch soziale Medien wie Facebook oder Instagram weiter hochgeschraubt. Man hat den ständigen Vergleich, fühlt sich gezwungen, immer mehr zu geben, um zu genügen. Flexibilität sei wichtig, sagt Beran – gleichzeitig gelte immer noch Sicherheit als erstrebenswert. Das erzeuge Druck und Angst. "Und mit etwas, was nicht ganz dem entspricht, was man erwartet hat, kann man schwer umgehen."

Wie man sich schützt? "Da gibt es kein Patentrezept", erklärt Beran. Wichtig sei jedenfalls zu lernen, den Fehler nicht unbedingt bei sich selbst zu suchen. "Ganz oft ist ein Jobverlust der Situation geschuldet, dem System."

Betroffene dürften nicht alleingelassen werden, appelliert der Psychologe: "Wenn ein Unternehmen jemanden freisetzt, sollte nicht nur die übliche AMS-Maschinerie in Gang kommen, da braucht es ein Unterstützungssystem." Helfen könne Ermutigung. "Wie bei einem kleinen Kind, das von der Schaukel gefallen ist und Angst hat, wieder aufzusteigen. Auch ihm muss man erklären, dass es nichts falsch gemacht hat. So etwas passiert." (Lisa Breit, 4.3.2019)