Presseaussendungen dienen oft auch als Werbeeinschaltungen für Politiker und Politikerinnen. In den Aussendungen der Frauenministerin drängt sich jedoch weder Person noch Werk in den Vordergrund.

Foto: Regine Hendrich

Kämpferisch wird es erst im Untertitel. "Entschieden entgegengetreten werden" müsse dem "Pensions-Gap", erklärt die Frauenministerin. Es sei nicht hinzunehmen, dass alte Frauen Monat für Monat mit deutlich weniger Geld auskommen müssen als alte Männer. Der Titel der Presseaussendung vom 27. Juli 2018 ist schon weniger knallig: "Altersarmut trifft meist Frauen", erklärt die Ministerin den altbekannten Umstand, dass Frauen im Ruhestand weniger Pension bekommen als Männer.

Das ist wenig verwunderlich, da diese Frauen schließlich in jüngeren Jahren für ihre Arbeit zu Hause nichts, für die Arbeit außer Haus wenig bezahlt bekommen haben. Wer in der Jugend weniger verdient, hat auch im Alter weniger. Dieser Umstand ist in Österreich wahrscheinlich deutlich mehr Menschen bekannt als der Name der aktuellen Frauenministerin. Juliane wer?

Seltene Reaktionen

Man hört nur wenig von der Ressortchefin, die auch die Themen Familie und Jugend betreut. Spricht das ganze Land über Frauenmorde, ist es Staatssekretärin Karoline Edtstadler, die mit den angekündigten Strafrechtsreformen die Debatte dominiert. Als die Regierung über den Anspruch auf einen Papamonat streitet, sagt Bogner-Strauß erst nichts und erklärt auf Nachfragen, man werde das "intern" diskutieren.

Auch auf Facebook und Twitter bleibt Bogner-Strauß de facto stumm. Nur in den Presseaussendungskanälen, die alle Redaktionen dieses Landes mit offiziellen Stellungnahmen versorgen, regt sich hin und wieder Leben. So eben auch am 27. Juli 2018. Am Tag darauf ist nämlich Equal Pension Day, da verspüren alle Gleichstellungsministerinnen der Welt eine Betroffenheitsaussendungspflicht, welcher auch Bogner-Strauß gerecht wird.

Und was schlägt die Ministerin vor, um die Pensionslücke zu schließen? Ein "Pensionssplitting" müsse her, heißt es hier, aber auch "mehr Bewusstseinsbildung für eine partnerschaftliche Aufteilung bei der Kindererziehung". Denn hier seien "Mütter und Väter gleichermaßen gefordert".

Pinkifiziert am Mädchentag

Was aber tun, wenn kein Vater vorhanden und die Mutter alleinerziehend ist und auch im Pensionsalter niemanden hat, der mit ihr "splitten" könnte oder wollte? Darüber schweigt die Aussendung. Ebenso schweigt sie zu der Frage, wo das Kind hinsoll, wenn die Mama noch in der Arbeit ist, aber Kindergarten und Hort längst geschlossen sind – was auch daran liegen mag, dass die Absenderin der Pressemitteilung das Geld für den Kinderbetreuungsausbau gestrichen hat.

Presseaussendungen sind knappe Werbeeinschaltungen, um im politischen Wettstreit die Scheinwerfer für einen kurzen Moment auf sich selbst und das eigene Werk zu lenken. Wer die Mitteilungen der amtierenden Frauenministerin studiert, stellt jedoch fest, dass weder die Person noch das Werk der Ministerin besonders im Vordergrund stehen. Und das sagt womöglich einiges über den Stellenwert der Frauenpolitik in dieser Regierung aus.

Rund zwei Dutzend Aussendungen verschickte die Frauenministerin seit dem Frauentag im Vorjahr. Das ist immerhin ein wenig mehr, als Bogner-Strauß als Familienministerin im selben Zeitraum versandte. Meist war ein Kalenderdatum der Anlass: Equal Pay Day, Equal Pension Day, Girls' Day, Ministerbesuch, Firmenauszeichnung. "Welt-Mädchentag: Austria Center wird pinkifiziert!", freut sich Bogner-Strauß am 10. Oktober.

Als am 18. Dezember 2018 der jährliche globale Gender-Pay-Gap-Bericht präsentiert wird, der Österreich in puncto Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau weit hinter den Philippinen und Bangladesch an 53. Stelle anführt, ist das für Bogner-Strauß ein Grund zum Jubel: "Global Gender Gap Report bestätigt eingeschlagenen Kurs", lautet der Titel der Aussendung – denn Österreich habe sich seit dem Vorjahr um vier Stellen im Ranking verbessert.

Intensive Gespräche

Allerdings lag Österreich 2018 trotzdem schlechter als noch 2016. Der leichte Aufstieg im Vergleich zu 2017 könnte schlicht daran liegen, dass sich andere Staaten verschlechtert haben. Bogner-Strauß führt die eigene Politik in ihrem ersten Jahr als Frauenministerin als Hauptgrund an. Welche konkreten Reformschritte es waren, die dazu beigetragen hätten, verrät die Ministerin freilich nicht. Aber: Sie habe eine Expertengruppe gegründet und werde außerdem "intensive Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft" führen, heißt es in der Aussendung.

Zwar nutzte Bogner-Strauß einige tagesaktuelle Anlässe und Aktionstage, um jeweils eine neue Presseaussendung schreiben zu lassen. Doch ausgerechnet zu den markantesten Fixpunkten im frauenpolitischen Kalenderjahr blieb die Ministerin stumm. Wer am Internationalen Frauentag sucht, findet keine Mitteilung der obersten Frauenpolitikerin, stößt dafür aber auf eine Aussendung des börsennotierten Pharmakonzerns Sanofi, der sich freut, dass die Ministerin am 8. März in der Zentrale der österreichischen Niederlassung vorbeigeschaut hat. Zumindest die ÖVP-Frauen versandten eine Zusammenfassung ihres "Talks" mit Bogner-Strauß. Auch am Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen, dem 26. November, lässt die Ministerin nichts von sich hören.

Über Reformanliegen der Ministerin erfährt man wenig, wenn man ihre Aussendungen liest. Und selbst eines ihrer wenigen konkreten Versprechen ist bald versandet: Aus der versprochenen gesetzlichen Regelung der erhöhten Karenzzeitenanrechnung "bis Jahresende" ist 2018 nichts geworden.

Allgemeine Floskeln wie der Ruf nach besserer "Vereinbarkeit" von Familie und Beruf dominieren in den Texten. In der Praxis fand dann nur die von der Frauenministerin abseits der Aussendungskanäle angekündigte 30-Millionen-Kürzung beim Ausbau der Kinderbetreuung ihren Weg in die Schlagzeilen. Dass der gewaltige Einschnitt später zurückgenommen wurde, lag weniger am Protest der Familien und mehr am Widerstand der ÖVP-Landeschefs: Diese hatten gegen den versiegenden Geldfluss vom Bund in Richtung Land heftig protestiert – und sich durchgesetzt.

Soziale Sozialkürzung

Konkret wird die sonst recht abstrakt formulierte Aussendungsprosa aus dem Frauenministerium nur, wenn es darum geht, umstrittene Vorhaben der gesamten Bundesregierung zu verteidigen, wie etwa die Indexierung der Familienbeihilfe. Diese sei "sozial" und "fair", erklärte Bogner-Strauß – und führte das Beispiel einer "slowakischen Pflegerin" an, die künftig zwar weniger Geld erhalte, aber in der Slowakei immer noch ein gutes Leben führen werde. Dass überwiegend Frauen von der Kürzung betroffen sind, erwähnte die Frauenministerin nicht.

Zu den Einschnitten bei der Mindestsicherung, die laut zahlreicher Experten die Altersarmut von Frauen noch verschärfen wird, bemerkte Bogner-Strauß via Aussendung: Die Kürzung sei zu begrüßen, weil dies zur Folge haben werde, dass Migrantinnen dann mehr Anreiz hätten, Deutschkurse zu besuchen. Allerdings hat die Bundesregierung auch die Mittel für Deutschkurse gekürzt.

Aber vielleicht lösen sich am Ende viele Probleme ohnehin von selbst. Wenn die Frauen nur wollen. In einer Aussendung der Frauenministerin vom 21. Jänner 2019, in der es um die traditionell schlechtere Bezahlung sogenannter Frauenberufe geht, wird Ministerin Bogner-Strauß so zitiert: "Ich wünsche mir mehr Mut von den Mädchen selbst, dass sie sich Dinge zutrauen und einfach ausprobieren." (Maria Sterkl, 3.3.2019)