Die Tiaras haben geglitzert, die Lackschuhe haben geglänzt, das Gedränge war groß, und der Champagner ist geflossen: Beim 63. Opernball, der am Donnerstagabend in der restlos ausverkauften Wiener Staatsoper über die Bühne ging, blieben die großen Skandale, Neuerungen oder Hoppalas großteils aus. Glamour und Pomp ist beim Staatsball schließlich „business as usual“. Dominique Meyer, Direktor der Staatsoper, und Ballorganisatorin Maria Großbauer waren glücklich und zufrieden mit dem Ablauf der Großveranstaltung und strahlten den ganzen Abend um die Wette.

Alles gut gelaufen. Das ist man vom Staatsopernballett aber auch nicht anders gewohnt.
Foto: Regine Hendrich

Allerdings: Auch wenn es dieses Jahr keine – zumindest keine bekannten – Prügeleien unter diversen B-Promis gab und das Kleid von Richard Lugners Gast Elle Macpherson den ganzen Abend lang verdeckte, was es zu verdecken hatte: Kleine Dramen gab es freilich allemal, zumindest vermeintliche.

Kleine Eklats

Da wäre einmal der Hymneneklat in der Regierungsloge: Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe diese falsch gesungen und auf die „Töchter“ verzichtet, hieß es aufgeregt in den sozialen Medien. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe hingegen gar nicht erst mitgesungen.

Töchter, Söhne oder gar nix? Darüber, wer in der Mittelloge die Bundeshymne falsch oder gar nicht gesungen hat, wurde nach dem Ball heftig diskutiert.
Foto: Regine Hendrich

Die Auflösung ist simpel, die Wiederholung der Fernsehübertragung eindeutig: Vorwurf Nummer eins stimmt nicht, Van der Bellen formt zwei ö mit den Lippen an der fraglichen Stelle, was auf die Worte Töchter und Söhne hindeutet, Letzteres stimmt hingegen schon. Doch inwiefern das Schweigen des Kanzlers bei der Hymne ein Skandal ist, sei dahingestellt – schließlich ist ihm mit „Schweigekanzler 2.0“ auch das Wort des Jahres 2018 gewidmet.

Conchita tanzte auf zwei Bällen

Aufreger Nummer zwei: Dass Justizminister Josef Moser (ÖVP) Conchita als Gast mitbrachte, sorgte bei der FPÖ, genauer gesagt bei deren Ortsgruppe Wien-Liesing, für Unverständnis. Beide – Moser und Conchita – hätten in der Politik nichts verloren. Stattdessen seien die beiden ein „reizendes“ Paar für Dancing Stars.

Conchita kam zum Opernball in weißem Kleid und mit Justizminister Josef Moser (ÖVP). Er im Frack, hinter Conchita.
Foto: Christian Fischer

Lange war Conchita in der Staatsoper aber ohnehin nicht. Ihr weißes, knappes Lackoutfit tauschte Conchita – seit kurzem mit Glatze, was mangels Alternativen ebenso als Aufreger durchging – später gegen schwarzes Leder für einen Auftritt beim Rosenball, der als Gegenveranstaltung zum traditionellen Opernball gilt.

In schwarzes Leder hüllte sich Conchita nach dem Besuch in der Oper und trat am Rosenball auf.
Foto: Christian Fischer

Gefeiert wurde in der Oper eine ganz andere Performance: die von Anna Netrebko und Ehemann Yusif Eyvazov. Tadellos ging diese über die Bühne: Netrebko sauste in einem weißen Kleid mit großem wiesengrünen Cape über das Parkett und erhielt dafür Standing Ovations und entzückte mit der „tollen Eröffnung“ auch den Kanzler, der das Tanzen jenen überlassen wollte, die es besser können.

Anna Netrebko mit grünem Cape.
Foto: APA/HANS PUNZ

Etwa den diesjährigen Debütanten. Schließlich gelang die vorab als „riskantes Manöver“ angekündigte Hebefigur. Allerdings gaben sich nicht alle Zuseher und Gäste von dem Hochgehebe und dem anschließenden kurzen Im-Kreis-Drehen so begeistert. An den Schwierigkeitsgrad der Hebefigur aus Dirty Dancing kam die der 144 Debütantenpaare nicht ganz heran. Dafür hielten sich die Kollisionen beim Eröffnungswalzer in Grenzen.

Schöne Polonaise

Trotzdem: Für Van der Bellen war es „die schönste“ Fächerpolonaise, die er bis jetzt von der Mittelloge sehen durfte. Es war aber auch erst sein dritter Opernball. Was ihm so gut gefallen hat? „Das Grafische. Das Schachbrettmuster“, das sich durch die Blockbildung der Männer in Schwarz und der Frauen in Weiß ergeben hat.

Noch in Linie: Im Verlauf des Tanzes haben sich die Paare blockartig zu einem Schachbrett gemischt.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Neben Van der Bellens Frau Doris Schmidauer nahm in der Präsidentenloge Auma Obama, die Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, Platz. Wobei, viel Platz gab es dort eigentlich nicht, das Gedränge vor der Tür des Staatsoberhaupts wollte nicht weniger werden. Erst spät fand das Präsidentenpaar genug Raum für ein Tänzchen.

Kein Durchkommen

Gar kein Durchkommen gab es vor der Loge des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) – auch nicht für Life-Ball-Organisator Gery Keszler, der nach einiger Zeit genervt aufgab.

Befreiter ging es zu späterer Stunde in den Katakomben des Gebäudes zu, die Opernball-Disco war mindestens genau so gut gefüllt wie das klassische Parkett. (Lara Hagen, Oona Kroisleitner, 1.3.2019)