Zuerst Politik, jetzt Justiz: Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit.

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Es gab Zweifel, ob Avichai Mandelblit der Richtige für den Job ist: ein Generalstaatsanwalt, der als einstiger Kabinettssekretär ein enger Vertrauter von Israels Premier Benjamin Netanjahu war – und nun darüber entscheiden sollte, ob ebendieser wegen Korruption angeklagt werden soll. Oder nicht.

Mandelblit hat entschieden: Er will – nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung – in drei Fällen Anklage wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue gegen Benjamin Netanjahu erheben. So etwas gab es in Israel noch nie: ein amtierender Premier auf der Anklagebank.

Mit seiner Entscheidung hat der 55-Jährige auch gezeigt, dass er als Mann des Rechts verstanden werden soll, der sich nicht von alten Seilschaften oder politischen Motiven beeinflussen lässt. Vertraute bezeichnen ihn Berichten zufolge als aufrichtig, fair und vernünftig. Selbst in jüdisch-reformierten Kreisen spricht man positiv über den orthodoxen Juden, der erst mit Mitte 20 fromm wurde. Er war maßgeblich an der Aushandlung eines Kompromisses im Streit um die Gebetsbereiche vor der Klagemauer beteiligt – der allerdings vorerst auf Eis gelegt wurde.

Lässt sich nicht einschüchtern

Dass sich der Vater von sechs Kindern nicht einschüchtern lässt, hat er bereits als militärischer Generalstaatsanwalt bewiesen. Er klagte drei Soldaten wegen Fehlverhaltens im Einsatz an. Für manche galt er damit als Verräter – das Wort wurde auch auf seine Hauswand gesprüht.

Es blieb nicht der einzige Angriff. Auch in der Causa Netanjahu steht er unter Druck: Ende 2018 schändeten Vandalen das Grab seines Vaters, deshalb wurden die Sicherheitsmaßnahmen für ihn erhöht. Bereits zuvor protestierten dutzende Israelis monatelang vor seinem Haus in Petach Tikwa bei Tel Aviv, weil ihnen seine Arbeit nicht schnell genug ging. Mandelblit ließ alle wissen, er arbeite so schnell, so professionell und so gründlich wie möglich.

Von Netanjahu und dessen politischen Verbündeten muss er sich nun vorwerfen lassen, dem Druck der "Linken" und der Medien nachgegeben zu haben. Außerdem beschuldigen sie den Generalstaatsanwalt, sich mit seiner Entscheidung in den laufenden Wahlkampf – Urnengang ist am 9. April – einzumischen.

Mandelblit lässt sich davon nicht beeindrucken. Als Netanjahus Anwälte versuchten, den Termin zu verschieben, ließ er sie abblitzen. Begründung: Die Öffentlichkeit habe das Recht, über wichtige Entscheidungen Bescheid zu wissen. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 1.3.2019)