Werner Schneyer setzte Pointen stets mit Punch.

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Schnell mussten sie sein, präzise und überraschend – die Pointen, mit denen Werner Schneyder seine Gegner reihum K.O. schlug. Fair, aber immer geradeheraus tat er seine Meinung kund: zur Politik, zum Sport, zu den Religionen, zur Kunst, zum Leben an und für sich. "Die Basis jeder Dramaturgie ist der Zweikampf", sagte Schneyder 2017 in seinem letzten Interview mit dem STANDARD.

Damals veröffentlichte der Satiriker, Autor und legendäre Boxkommentator 80-jährig seine Memoiren: Im Buch Gespräch unter zwei Augen stieg er mit sich selbst in den Ring, offenbarte im gewitzten Dialog mit seinem Alter Ego, dass es auch ihm, dem scheinbar immer ins Schwarze Treffenden, mitunter schwer fallen konnte, Entscheidungen zu fällen.

"Universaldilettant"

Davon zeugt, dass Schneyder sich nie auf ein Metier festlegen wollte. Er verfasste Lyrik, Aphorismen, Essays, Prosa, natürlich Satiren, schuf Liedtexte für Schlagersänger oder das gehobenere Chanson-Fach. Daneben betätigte er sich als Kabarettist, Sänger, Schauspieler, Regisseur, Moderator und Journalist. Nicht alles wurde von der Kritik positiv akklamiert, aber auch damit konnte Schneyder umgehen. Sich deswegen zu verbiegen oder auf etwas zu verzichten, kam für den hochgewachsenen Mann, der gern im schwarzen Rollkragenpullover auftrat, nicht in Frage.

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Als "Universaldilettant", wie er sich selbst bezeichnete, heimste er eine Vielzahl an Preisen und Ehrungen ein, darunter den Nestroy-Ring der Stadt Wien, den Deutschen Kleinkunstpreis oder zuletzt das große Ehrenzeichen des Landes Kärnten – jene Heimat, wo der SPÖ-affine Linke nicht zu allen Zeiten wohlgelitten war.

Sport und Kultur

Geboren wurde Werner Schneyder 1937 in Graz, aufgewachsen ist er in Klagenfurt, wo er seine Jugend, wie er selbst stets erzählte, "zwischen Stadttheater und Fußballplatz" verbrachte. Sport und Kunst waren für Schneyder zwei Seiten ein- und derselben Medaille: "Ich habe nie verstanden, warum sich viele Kulturmenschen so einer sinnlichen Erfahrung wie dem Sport entziehen", sagte er 2017.

Werner Schneyder ist tot.
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Umgekehrt wurde Schneyder zeitlebens nie müde, mehr Kultursinn in den Sport tragen zu wollen: Von den späten 1970er-Jahren bis in die 1990er-Jahre bereicherte er das deutsche Fernsehen als Boxkommentator der ungewöhnlichen Art. Ihm oblag die Fähigkeit, den vermeintlich rohen Faustkampf mit dem Wort- und Witzereichtum eines Theaterkritikers zu beschreiben. Für das ZDF präsentierte Schneyder viele Jahre das Magazin Sportstudio sowie dessen satirischen Jahresrückblicks-Ableger. Zum Thema Doping würde ihm dieser Tage wieder seine oft geäußerte Überlegung einer Doping-Freigabe und der Entwicklung eines parallel laufenden "Biosports" einfallen.

Kabarettistenduo

Die Karriere Schneyders wäre vielleicht anders verlaufen, hätte man ihm 1973 nicht den um zehn Jahre älteren Dieter Hildebrandt vorgestellt. Der deutsche Star-Kabarettist konnte mit dem rotzfrechen Österreicher an seiner Seite die alte Kunst der Doppelconference neu beleben. Acht Programme brachten die beiden auf die Bühne, sie tourten damit durch den gesamten Sprachraum und durften 1985 sogar ein Gastspiel in der DDR geben.

Kabarett - Klassiker

Der kabarettistische Stil Werner Schneyders kann – trotz dessen sozialdemokratischer Färbung – als bürgerlich beschrieben werden. Es sind Klassiker wie Kurt Tucholsky, Loriot oder Karl Farkas, denen er nacheiferte. Sein Zorn galt sprachlicher Verflachung im Komödienfach: "Die Comedians", sagte Schneyder, "haben gar nichts", sie hätten sich nur ein "Publikum herangezogen, von dem sie sich abhängig gemacht haben. Das endet bei Idiotie für Idioten".

"Chronisch neugierig"

Politisch bezeichnete sich Schneyder als "freischwebenden Linken", was ihn nicht davon abhielt, lautstark vor der Gefahr des Islamismus zu warnen. Aber auch dieses Phänomen basierte für ihn wie zahlreiche andere Probleme unserer Zeit auf sozialer Ungleichheit. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer etwa forderte Schneyder als schieren Akt der Vernunft.

Aufgeklärt, ohne Erwartungen und doch "chronisch neugierig", wie er schrieb, begegnete der Satiriker in seinen Memoiren auch dem Tod. Jetzt ist Werner Schneyder 82-jährig in Wien verstorben. (Stefan Weiss, 3.3.2019)