Berlin – Mit flapsigen Äußerungen zu intersexuellen Menschen in einer Fastnachtsrede hat die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer Empörung ausgelöst. "Wer war denn von Euch vor kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen", sagte Kramp-Karrenbauer bei einem satirischen Auftritt am Donnerstag in Baden-Württemberg.

"Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder noch sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette." In der Halle in Stockach am Bodensee wurden Kramp-Karrenbauers Worte mit einem Tusch und Gelächter und Johlen im Publikum begrüßt. Öffentliche Aufmerksamkeit erregten danach Artikel des Portals queer.de und des "Nollendorfblogs", die Satiresendung "Extra3" verbreitete einen Videoausschnitt auf Twitter. "Wieder so ein Tag zum Fremdschämen (...) Ist es so schwierig, eine humorvolle Narrenrede zu halten, ohne platt auf Minderheiten einzudreschen?", twitterte der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg, der Fraktionssprecher für die Anliegen von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LSBTI) ist.

Kritik auf Twitter

Sein Grüne Kollege Sven Lehmann fragte rhetorisch: "Hallo Frau Kramp-Karrenbauer, haben Sie es wirklich nötig, für einen billigen Kalauer sich auf Kosten von inter- und transsexuellen Menschen lustig zu machen? Wenn ja, dann wäre das wahnsinnig peinlich." In einem offenen Brief forderte er eine Entschuldigung.

Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sprach von einem "Trauerspiel". "Die Vorsitzende der größten Bundestagspartei findet es lustig, auf Stammtischniveau am Karneval Menschen zu denunzieren, die nicht der geltenden Machonorm entsprechen. Ein Jammer."

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger nahm die Parteichefin hingegen in Schutz. "Ey Leute, das ist ne Fasnachts-Nummer. Mir geht diese Empörungskultur so was auf den Keks. Es nervt!", twitterte er.

Kritik für Aussage zur Homo-Ehe

Schon 2015 hatte Kramp-Karrenbauer – damals noch als saarländische Ministerpräsidentin – mit Aussagen zur Homo-Ehe für Aufregung gesorgt. Es gebe in Deutschland bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau, sagte sie damals der "Saarbrücker Zeitung". "Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen."

Seit Jänner ist in Deutschland neben "männlich" und "weiblich" im Geburtenregister auch der Eintrag der Option "divers" möglich. Der Bundestag hatte die Einführung einer dritten Geschlechtsoption Mitte Dezember beschlossen. Damit setzte das Parlament eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr um. Die bisherige Pflicht, einen Menschen dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen, wurde darin als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot gewertet. Einige Grundschulen in Bayern planen inzwischen Toiletten für das dritte Geschlecht. (APA, 3.3.2019)