Grafik: STANDARD

Ein Förderbank transportiert Hackschnitzel zum Brennofen. Über Österreich verteilt gibt es insgesamt 128 Biomassekraftwerke. Viele produzieren Strom und koppeln die Wärme aus.

Foto: APA/Fohringer

Es ist eine vergleichsweise kurze Zeit, in der die Länder für den Weiterbestand älterer Biomasseanlagen hauptverantwortlich sein sollen. Dennoch ist die Verunsicherung bei einschlägigen Unternehmen, Organisationen und den für Energie zuständigen Landesräten groß. "Jetzt hat die Stunde der Rechtsanwälte geschlagen", sagte ein Insider, der namentlich nicht genannt werden wollte, dem STANDARD. "Es sind so viele Fragen offen, man blickt kaum noch durch."

Wie berichtet ist Mitte Februar eine Novelle zum Ökostromgesetz im Bundesrat an der nötigen Zweidrittelmehrheit gescheitert. Damit wollte die ÖVP-FPÖ-Koalition eine zeitlich begrenzte Anschlussfinanzierung für jene Biomassekraftwerke sicherstellen, die Mitte der 2000er-Jahre errichtet wurden und nach Auslaufen der 13-jährigen Förderung nun zusperren müssten. Die SPÖ sprach u. a. von "Intransparenz" und drängte auf Neuverhandlungen.

Ausführen müssen die Länder

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (VP) wählte einen anderen Weg. Um sich Verhandlungen zu ersparen, schickte sie ein Grundsatzgesetz bis Ende März in Begutachtung, das mit einfacher Mehrheit in National- und Bundesrat beschlossen werden kann. Die Ausführungsgesetze inklusive Festlegung der Einspeisetarife überantwortete sie den Ländern. Eine Konsequenz dieses Traditionsbruchs, dass sich der Bund von der Festlegung österreichweit einheitlicher Tarife verabschiedet, ist: Es wird bis zu neun unterschiedlich hohe Zuschläge geben, je nachdem, in welchem Bundesland Strom bezogen wird.

Hauptbetroffen ist Kärnten. Dort kommen derzeit 17 Prozent des erzeugten Stroms aus Biomasseanlagen, so viel wie in keinem anderen Bundesland. Energielandesrätin Sara Schaar (SP) spricht denn auch von massiver Benachteiligung: "Ministerin Köstinger nimmt in Kauf, dass der Strompreis in Kärnten zusätzlich in die Höhe getrieben wird, während wir vonseiten der Kärntner Landesregierung alles daran setzen, erneuerbare Energieträger zu forcieren, um die Klimaziele zu erreichen".

150 Millionen Euro

Gemäß der ursprünglichen Regelung hätten alle österreichischen Strombezieher über einen Zuschlag zum Netznutzungsentgelt in Summe 150 Millionen Euro aufbringen sollen – gedacht für den Zeitraum 2017-2019. Ab 2020 wird mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) das gesamte Förderregime bei Wind, Fotovoltaik, Kleinwasserkraft und Biomasse so und so auf komplett neue Beine gestellt. Vom Auslaufen der Förderung betroffen sind bis dahin 47 der insgesamt 128 Biomassekraftwerke in Österreich (siehe Grafik).

Ob es und für wen es rückwirkend Förderungen geben wird, ist nur eine der vielen noch ungeklärten Fragen, zumal nicht wenige private Betreiber von Biomasseanlagen mit Stromproduktion nichts mehr zu tun haben wollen. Sie haben auf Heizbetrieb umgestellt.

32 Anlagen fallen heuer aus der Förderung. Dabei geht es um eine Leistung von 138 Megawatt (MW). Zum Vergleich: Alle 128 Biomassekraftwerke zusammen kommen auf 311 MW. Einer der akut betroffenen Standorte ist Wien.

Das Biomassekraftwerk Simmering, das die Wien Energie gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten betreibt, ist 2006 in Betrieb gegangen, die Förderung läuft im Juli aus. "Wir haben mit dem Kraftwerk super Erfahrung gemacht, es läuft über 7000 Stunden im Jahr, was viel ist, und es läuft technisch einwandfrei", sagt der im Vorstand der Wiener Stadtwerke für die Tochter Wien Energie zuständige stellvertretende Generaldirektor Peter Weinelt. "Wenn wir nicht wieder an einen Fördersatz wie zuletzt, nämlich 10,2 Cent je Kilowattstunde (kWh) herankommen, kann man die Anlage leider nicht betreiben." Grund dafür seien die noch immer zu tiefen Strompreise im Großhandel.

Sozialplan für Simmering

In Köstingers Vorschlag war von 8,5 Cent je kWh die Rede, die Betreiber von größeren Biomasseanlage erhalten sollten, Betreiber kleinerer Anlagen wollte man entsprechend mehr fördern. Für die elf Mitarbeiter, die im Biomassekraftwerk Simmering tätig sind, habe man vorsorglich einen Sozialplan gemacht. Kritik, wonach ein Biomassekraftwerk in der Stadt wenig Sinn mache, weil der Rohstoff erst von weit her gekarrt werden müsse, lässt der Generaldirektor-Stellvertreter nicht gelten. "Ich würde die Kritik verstehen, wenn wir eine Ausschreibung gemacht und einen Lieferanten aus Osteuropa oder sonst woher gewählt hätten; aber mit einem österreichischen Partner wie den Bundesforsten, die ein österreichisches Produkt bieten und wo österreichische Arbeitsplätze gesichert werden, da sehe ich das Thema nicht", sagt Weinelt.

Die meisten Anlagen, die heuer aus der Förderung fallen, stehen in Niederösterreich – neun Werke mit einer Gesamtleistung von 42,5 MW. Burgenland liegt mit drei Werken und 21 MW Leistung in der Betroffenheit hinter Niederösterreich und Wien an dritter Stelle. Eine der Anlagen steht im südlichsten Zipfel des Burgenlands, in Heiligenkreuz, dicht an der ungarischen Grenze.

Umsteigen und schauen

"Bei uns läuft die Förderung am 16. Mai aus, am 17. Mai machen wir einen Stillstand", sagt Michael Roselieb, der das Kraftwerk Anfang Dezember von der Energie Burgenland übernommen hat. Zwei bis vier Wochen werde der jährlich fällige Service dauern.

"Jetzt haben wir drei Monate Zeit, zu schauen, ob wir die Anlage auch ohne Förderung wirtschaftlich betreiben können", sagt Roselieb. Dazu müsste unter anderem von teurerem Waldhackgut, das zur Inanspruchnahme der Förderung vorgeschrieben ist, weggegangen und auf billigeren Baum-, Ast- und Strauchschnitt ausgewichen werden. Roselieb: "Wenn das funktioniert, geben wir die Informationen gerne an andere Betreiber weiter. (stro, 4.3.2019)