Demonstration zum Frauenkampftag am 8. März 2018 in Berlin.

Foto: imago/Carsten Thesing

Vergangene Woche habe ich eine interessante Veranstaltung moderiert. Meine Rolle war dabei recht unwesentlich. Ich habe die Gäste begrüßt, die zwei Vortragenden vorgestellt und die Fragen aus dem Publikum eingeholt. Und trotzdem bekam ich später am Abend eine E-Mail. Es war eine besorgt-alarmierende E-Mail eines älteren Mannes.

Auf der Bühne seien ausschließlich Frauen gewesen, und wenn es sich umgekehrt verhalten hätte, dann hätte es einen Aufschrei gegeben, schrieb der Mann. Er lastete der Gastgeberin an, dass sie ein reines "Frauenpodium" eingeladen hatte. Tatsächlich waren die zwei Vortragenden hochkompetente junge Frauen. Das gab auch der Schreiber der Mail zu. Und trotzdem fand er, dass das zu weit gehe. Denn schließlich würden in unserer Stadt Männer "zu 100 Prozent auf der Anklagebank" sitzen. Eine selbstbewusste politische Männerbewegung müsse her, schrieb er noch.

Mein erster Gedanke war: "That escalated quickly!" Seit circa 15 Jahren nehme ich in unterschiedlichen Rollen an Podien und Diskussionen teil und kann mich nur an ein, zwei weitere Male erinnern, als ich mich in reiner Frauengesellschaft, also in einem All-Female-Panel befand. So viele Frauenrunden kann der Mailschreiber nicht gesehen haben, dass er nun zum Befund kommen müsste, dass es endlich reicht.

Menschen fühlen sich in der Regel bedroht, wenn sich ihre gewohnte Umgebung ändert. Das ist keine Küchenpsychologie, sondern eine recht verbreitete Analyse namhafter Sozialpsychologen, wenn es etwa um Hass gegen Flüchtlinge oder Fremde im Allgemeinen geht.

Ich bekam keine Hassmail, aber ich glaube, dass sich der Schreiber sehr bedroht fühlt. Denn die Dinge ändern sich. Junge Feministinnen wie Margarete Stokowski zählen die Männerherrschaft an. Mit ihrem Buch "Die letzten Tage des Patriarchats" holt Stokowski zahlreiche Frauen und Mädchen ihrer Generation ab und erinnert ältere daran, was es noch zu erkämpfen gibt. "No more Bullshit!", rufen die ebenfalls jungen Netzwerkerinnen des Vereins Sorority und liefern Argumente und Fakten gegen die immergleichen Sprüche, die uns Frauen weismachen wollen, dass eh alles bestens ist und Feminismus obsolet.

Feminismus erlebt ein Revival. Oder präziser: Die Öffentlichkeit entdeckt ihn wieder. Dank #Metoo befasst sich die breite Masse mit Diskriminierung, Machtverhältnissen, sexueller Gewalt. Junge Frauen sind auf Social Media laut und selbstbewusst und wehren sich auch dort gegen Übergriffe.

Es belustigt mich bisweilen, was nicht alles auf jene bedrohlich wirkt, die mit großer Wahrscheinlichkeit im Laufe ihres Lebens mit wenig bis gar keiner Diskriminierung konfrontiert waren. Es macht mich aber auch wütend.

Frauen werden weiterhin von ihren Ehemännern, Expartnern, Brüdern ermordet. Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen und ihre Meinung selbstbewusst vertreten, bekommen weiterhin Hassnachrichten und Drohungen. Frauen bleiben weiterhin in der Politik und in den Führungsetagen unterrepräsentiert. Frauen werden vom wachsenden Konservativismus in alte Rollenbilder zurückgedrängt. Da haben Männer reine Frauendiskussionsrunden, bitte schön, still zu ertragen! (Olivera Stajić, 5.3.2019)