Rom – Genau ein Jahr nach den Parlamentswahlen am 4. März 2018, die den Weg zu einer populistischen Regierung geebnet haben, hoffen Italiens Sozialdemokraten mit ihrem neugewählten Parteichef Nicola Zingaretti auf einen Neustart. Der 53-jährige Präsident der mittelitalienischen Region Latium und Ex-Europa-Abgeordnete wurde am Sonntag an die Spitze der Demokratischen Partei (PD) gewählt.

Zingaretti behauptete sich bei Vorwahlen mit 70 Prozent der Stimmen. An den PD-Vorwahlen beteiligten sich 1,7 Millionen Italiener und Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis ab 16 Jahren, die registriert wurden und einen Beitrag von zwei Euro zahlen mussten. Vor den Wahllokalen bildeten sich am Sonntag lange Schlangen. Der Wählerandrang war höher als erwartet. 35.000 Helfer sorgten für einen reibungslosen Verlauf der Vorwahlen. Wegen des starken Andrangs mussten Wahlzettel nachgedruckt werden.

18 Prozent für Martina

Der scheidende PD-Chef Maurizio Martina, der im Juli die Führung des Landes übernommen hatte, musste sich mit 18 Prozent der Stimmen begnügen. Auf Platz drei landete der Parlamentarier Roberto Giachetti, der politisch auf einer Linie mit Ex-Partei- und Regierungschef Matteo Renzi liegt.

Mit Zingarettis Wahl rückt die einstige Regierungspartei, die bei den Parlamentswahlen vor einem Jahr eine herbe Niederlage erlitten hatte und seitdem auf der Oppositionsbank sitzt, weiter nach links. Der neue Parteichef will Bündnisse mit Parteien links von der PD abschließen.

"Es lebe die italienische Demokratie. Ich danke den Italienern, die vor einer gefährlichen Regierung nicht resignieren", kommentierte Zingaretti seine Wahl zum PD-Chef. Er will die europafreundliche Gruppierung für die EU-Parlamentswahlen am 26. Mai rüsten. "Wir müssen die EU-Wahlen gewinnen und wir werden es tun. In Italien weht ein neuer Wind. Die Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung stürzt Italien in den Abgrund und das begreifen die Italiener allmählich", erklärte Zingaretti. Er unterstrich die starke Beteiligung bei den Vorwahlen. "Wir sind alles andere als eine Partei in Trümmern", kommentierte auch der unterlegene Kandidat Giachetti.

Historische Niederlage

Der Partito Democratico (PD) hatte bei der letzten Parlamentswahl vor einem Jahr mit rund 18 Prozent eine historische Niederlage erlitten und ist seitdem die größte Oppositionspartei. Auch wegen interner Rivalitäten ist die Partei von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi immer noch im Umfragetief. Die Partei erscheint zerstritten und orientierungslos. Mit Zingaretti soll sich dies ändern. Italien wird seit Juni von einer Koalition aus rechter Lega und europakritischer Fünf-Sterne-Bewegung regiert.

Anhänger von Mitte-Links-Parteien hatten sich am Wochenende in Mailand an einer Großdemonstration gegen den Rassismus beteiligt. Sie versammelten sich am Samstag auf dem zentralen Platz vor dem Mailänder Dom, um gegen "eine Politik der Angst" und gegen Diskriminierung zu protestieren. Laut den Organisatoren beteiligten sich 200.000 Demonstranten an dem Protestzug. Dabei waren auch Vertreter von NGOs, die Flüchtlinge im Mittelmeer retten. Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini zeigte sich unbeeindruckt von der Kundgebung. "Friedliche Demonstrationen sind willkommen, doch ich ändere meine Meinung nicht", kündigte er eine Fortsetzung seines "harten Kampfes gegen Schlepper, Menschenhändler, Mafiosi und Ausbeuter" an. (APA, 4.3.2019)