"Ape Out"
"Ape Out"
"Ape Out"
"Ape Out"
"Ape Out"
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"Ape Out"
"Ape Out"
"Ape Out"

Gorillas sollte man besser nicht einsperren. Schon King Kong brachte die Gefangenschaft in Rage, und auch wenn im Indie-Actionspiel Ape Out (Windows, Nintendo Switch, 14,99 Euro) der titelgebende Menschenaffe "nur" normale Größe für seine Spezies aufweist, ist doch jeder Mensch, der ihm in den Weg kommt, schnell nur mehr ein roter Blutfleck an der Wand. In der Gestalt dieses rabiaten Primaten ist es die Aufgabe der Spielerinnen und Spieler, sicher aus Versuchslabors, Hochhäusern, Militärlagern und von einem Boot zu fliehen; dass diese vier Szenarien im Spiel "Alben" genannt werden und sogar eine A- und eine B-Seite haben, ist schon der erste Hinweis auf die Wichtigkeit, die hier der Musik zukommt.

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Was nämlich schon bei den allerersten Schritten in dieser Welt, die aussieht wie ein expressionistischer Holzschnittdruck, auffällt, ist die Soundkulisse: Jeder Schritt, jede Bewegung, jeder kraftvolle Schubs und jede an die Wand geklatschte Wache werden durch unmittelbar reagierende Jazz-Percussion-Instrumente unterlegt. Der rasende Lauf durch die Labyrinthe klingt nach nervösen Tom-Toms oder militärischen Trommelwirbeln, und jedes meist nur kurze, aber unweigerlich blutige Handgemenge wird punktuiert durch Basstrommelschläge und krachende Becken. Schon bald wird das hypernervöse Percussion-Gewitter zum punktgenau passenden hypnotischen Soundtrack einer animalischen Gewaltorgie.

In Sachen Gameplay ist Ape Out ein minimalistischer Erbe des Indie-Klassikers Hotline Miami. Von oben steuert man den wütenden Gorilla durch ein sich bei jedem Start neu zusammensetzendes Labyrinth aus Räumen und Verbindungsgängen. Die zunehmend schwerer bewaffneten Gegner lassen sich sowohl mit fatalen Folgen gegen Wände werfen und schubsen, oder aber kurzzeitig als menschlicher Schild verwenden; je nach Bewaffnung geben die Unglückseligen dabei auch noch einen oder mehrere Schüsse aus ihren Waffen ab. Trotz physischer Überlegenheit kann der Gorilla nur drei Treffer einstecken. Grund genug, vor allem in späteren Levels eher auf Geschwindigkeit und taktische Umwege zu setzen.

Wer alle vier "Alben" beendet hat, darf sich an einem neuen, besonders schweren Hard-Mode probieren oder die Levels im Arcade-Mode samt globaler Highscore-Liste nochmals durchtoben.

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Was ist gelungen?

Ape Out ist optisch und akustisch ein Ausnahmespiel: Der grafisch-abstrakte Stil zitiert die weltbekannten Arbeiten des Grafikdesigners und Typografen Saul Bass, der Öffentlichkeit durch eine Vielzahl von klassischen Titelsequenzen von Hollywoodfilmen der 50er- und 60er-Jahre, darunter vor allem klassische Hitchcock-Thriller, bekannt. In Verbindung mit dem hervorragend umgesetzten prozeduralen Soundtrack als endloses Free-Jazz-Drumsolo, dessen Instrumentierung sich von Szenario zu Szenario subtil verändert, wird die überdrehte Gewaltorgie so zum abstrakt-ästhetischen Erlebnis, das zudem spielerisch stets fair, aber dafür gelegentlich sehr herausfordernd wird.

Was ist weniger gelungen?

Große spielerische Komplexität darf man sich nicht erwarten: Wohl fordern unterschiedliche Gegnertypen und stets neu generierte Levels minimale taktische Entscheidungen, doch letztlich bleibt das Gameplay simpel. Vor allem später im Spiel sorgen einzelne haarige Stellen eventuell für Frust. Auch dass Ape Out ein wenn auch stilisiertes, so doch extrem makaber-splattriges Blutbad ist, wird nicht nach jedermanns Geschmack sein.

Fazit

Ape Out ist ein Frontalangriff auf alle Sinne: Die vor allem in Bewegung sehenswerte, immer wieder mit tollen Ideen und klaren, interessanten Bildern überraschende Grafik verbindet sich mit dem wirklich außergewöhnlichen Soundkonzept zu einem auch spielerisch hypnotischen Adrenalinkick, der seinesgleichen sucht. Ein kleines, rasantes und außergewöhnliches Hardcore-Kunstwerk. (Rainer Sigl, 4.3.2019)