Einseitige Fettaufnahme ist wohl keine gute Idee. Das zeigt zumindest eine Studie mit Sojaöl.

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Sojaöl ist gesund, heißt es. In den USA zählt es seit Jahren zu den beliebtesten Fettlieferanten, rund drei Viertel des Gesamtkonsums pflanzlicher Fette und Öle sind auf die Bohne des Ostens zurückzuführen. Auch Europa kommt zunehmend auf den Geschmack der Hülsenfrucht. Denn Sojaöl hat einen hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Das klingt aus ernährungsmedizinischer Sicht zunächst einmal gut. So hat doch das internationale Cochrane-Netzwerk, ein Zusammenschluss unabhängiger Wissenschafter, nach Sichtung aller qualitativ hochwertigen Studien bestätigt, dass es einen gesundheitlichen Vorteil bringt, die Aufnahme von gesättigten Fettsäuren, die etwa in Milch, Käse und Fleisch enthalten sind, zu reduzieren und durch ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen.

In den analysierten Untersuchungen wurden die Teilnehmer per Zufall einer von zwei Gruppen zugelost. Die Probanden der einen Gruppe stellten ihre Ernährung um, reduzierten die Menge an gesättigten Fetten auf dem Speiseplan und ersetzten sie durch ungesättigte, meist pflanzliche Öle. Die andere Gruppe ernährte sich weiterhin wie bisher. Das Ergebnis: Wer gesättigte Fettsäuren reduziert oder weitgehend durch ungesättigte ersetzt hatte, konnte sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen leicht senken. "Insgesamt um durchschnittlich 17 Prozent. Pro 10.000 Personen konnte damit in 138 Fällen ein kardiovaskuläres Ereignis wie Herzinfarkt verhindert werden", erklärt Bernd Kerschner vom Department für Evidenzbasierte Medizin an der Donau-Uni Krems. Untersucht wurden vor allem einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3 und Omega-6, die auch in Sojaöl reichlich vorkommen.

Veränderung im Darm

Chinesische Forscher der Qingdao University haben nun die Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Studie im British Medical Journal veröffentlicht, in der die Auswirkungen eines hohen Konsums von Sojaöl auf die Zusammensetzung der Darmbakterien untersucht wurden. Demnach verändert eine fettreiche Kost, die primär auf Sojaöl basiert, das Mikrobiom bereits nach sechs Monaten. Gleichzeitig nehmen Blutfettwerte sowie Entzündungsprozesse im Körper zu.

Die Wissenschafter teilten 217 gesunde und normalgewichtige Probanden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen ein. Während der Anteil von Ballaststoffen und der Proteingehalt gleich blieben, wurde das Verhältnis von Kohlenhydraten und Fett variiert. Bei gleicher Gesamtkalorienzufuhr nahm die erste Gruppe 20 Prozent davon in Form von Sojaöl auf, in den beiden anderen Gruppen waren es 30 und 40 Prozent.

Vor Beginn der Untersuchung machte der durchschnittliche Fettkonsum aller Probanden einen Gesamtkalorienanteil von 32 Prozent aus. Insgesamt änderten die Studienteilnehmer für die Dauer von sechs Monaten ihre Ernährungsgewohnheiten. Um die Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Darmbakterien und Entzündungsprozesse im Körper zu messen, wurden zu Beginn und am Ende der Studie Blut- und Stuhlproben analysiert.

Erhöhte Keimzahlen

Die Teilnehmer mit der geringsten Fettzufuhr hatten nach sechs Monaten im Vergleich zu den anderen Gruppen erhöhte Keimzahlen von Blautia und Faecalibacterium im Darm, denen entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden. Außerdem stieg die Konzentration von kurzkettigen Fettsäuren, die besonders den gesundheitsfördernden Darmbakterien als "Futter" dienen. In der Gruppe mit dem höchsten Fettkonsum wuchs der Anteil an Alistipes- und Bacteroides-Arten, die im Verdacht stehen, Infektionen zu begünstigen. Zusätzlich wurden weniger kurzkettige Fettsäuren gebildet, auch die Blutwerte für Entzündungen waren vergleichsweise hoch.

Eine mögliche Erklärung könnte ein ungünstiges Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren sein. Im Idealfall liegt es zwischen 1:2 und 1:5, bei Sojaöl beträgt das Verhältnis 1:8. Während die Omega-6-Botenstoffe wie Linolsäure und Arachidonsäure Entzündungen fördern, wirken jene aus Omega-3 entzündungshemmend. Ein Zuviel an Omega-6 blockiert aber die positive Wirkung von Omega-3-Fettsäuren.

Die Dosis entscheidet

Ob und welche langfristigen Auswirkungen ein hoher Konsum von Sojaöl auf den menschlichen Körper hat, können die Wissenschafter allerdings nicht sagen. Ein weiteres Manko der Untersuchung: Über die Qualität des in der Studie verwendeten Sojaöls machen die Autoren keine Angaben. Ernährungsexperten sind sich aber sicher: Wer gerne Sojaöl verwendet, braucht nicht darauf verzichten. Es kommt – wie immer bei Ernährungsfragen – auf die Dosis an. "Das ideale Öl gibt es nicht", sagt Ingrid Kiefer von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages), "vielmehr sollten unterschiedliche Öle abwechselnd verwendet werden, um eine möglichst breite Palette an Nährstoffen aufzunehmen." (Günther Brandstetter, 11.3.2019)