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Zum Schutz von Elefanten gelten in Botswana drastische Strafen für Wilderer. Nun will die Regierung die Großwildjagd wieder erlauben.

Foto: REUTERS/Siphiwe Sibeko/File Photo

Botswana gilt als Afrikas letztes Paradies: Nirgendwo in der Welt können sich wilde Tiere freier bewegen als in dem südafrikanischen Land von der Größe Frankreichs, in dem lediglich zwei Millionen Menschen leben. Dafür streift mit fast 130.000 Elefanten fast ein Drittel aller afrikanischen Dickhäuter durch Botswanas Savannen: Sie kamen aus der ganzen Region in das Okavango-Delta, den Moremi- oder den Chobe-Park gezogen, weil sie hier nicht gejagt werden.

Der Musterstaat blieb bisher von Wilderei verschont, weil er Jagdfrevler mit drakonischen Strafen belegte. Und seit auch die Großwildjagd vor fünf Jahren auf den Index gesetzt wurde, hatten die Jumbos gar nichts mehr zu befürchten. Das soll nun allerdings Geschichte sein.

Abgeschlagene Stoßzähne

Die Schutzorganisation Elefanten ohne Grenzen fand kürzlich heraus, dass die Wilderei in Afrikas letztem Paradies in die Höhe schnellt: Bei der jüngsten Untersuchung, für die man mit Flugzeugen ein Gebiet von mehr als 100.000 Quadratkilometern überfliegen ließ, stießen die Tierschützer auf 128 frische Elefantenkadaver. 104 davon waren bei näherer Untersuchung eindeutig der Wilderei zum Opfer gefallen. Zu erkennen sei das an den abgeschlagenen Stoßzähnen, so Mike Chase, Gründer von Elefanten ohne Grenzen. Außerdem konzentrierten sich die Massaker auf vier geografische Schwerpunkte. Die Dunkelziffer ist weitaus höher. Im Vorjahr könnten bis zu 400 Elefanten wegen ihrer Stoßzähne getötet worden sein, schätzt Chase.

Doch Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi warf Chase kürzlich Fake-News vor, der Ökologe wolle den guten Ruf des afrikanischen Musterstaats ruinieren. Zu keiner Zeit seien in Botswana mehr als hundert Elefanten gewildert worden, versicherte der Staatschef. Zunächst versuchte die Regierung in Gaborone Chases Methoden infrage zu stellen. Doch dieser brachte viele Wissenschafter hinter sich, die seiner Studie die Erfüllung aller wissenschaftlichen Ansprüche bescheinigten.

Richtungsänderung beim Naturschutz

Erst kürzlich wurde dann klar, warum Staatspräsident Masisi auf die Kasandra-Rufe des Elefantenschützers so neuralgisch reagieren dürfte: Gaborone möchte eine grundsätzliche Richtungsänderung seiner Naturschutzpolitik in die Wege leiten. Ein Fachausschuss des Kabinetts beschloss Anfang Februar, auf die Aufhebung des Verbots der Großwildjagd hinzuwirken.

Außerdem sollen Wildgebiete besser mit Zäunen abgesperrt, der internationale Handelsbann für Elfenbein eingeschränkt und eine nicht genannte Zahl von Elefanten wegen Überpopulation gekeult werden. Das Fleisch der geschossenen Dickhäuter könne man zu Hundefutter verarbeiten, schlugen Gaborones Berater vor – ein Geschäftsmodell, das unter Naturschützern in aller Welt bereits einen Aufschrei auslöste.

Wahlkampf in Botswana

Politischer Hintergrund: Für Herbst sind in Botswana Wahlen angesagt, und die seit der Unabhängigkeitserklärung vor 53 Jahren regierende Botswanische Demokratische Partei (BDP) plant, etwas zur Stärkung ihrer schwindenden Unterstützung tun zu müssen.

Schon die vergangenen Wahlen hätte sie um ein Haar verloren. Sowohl bei Kleinfarmern als auch bei großen Viehherdenbesitzern stehen Elefanten nicht hoch im Kurs. Die Tiere zertrampeln Felder, manchmal kommen dabei sogar Menschen ums Leben. Wildgebiete stehen der Ausbreitung großer Ranches im Weg.

Der vorige Präsident Ian Khama, Sohn des legendären Gründungspräsidenten Seretsi Khama, hatte sich mit seiner rigorosen Naturschutzpolitik unter Farmern unbeliebt gemacht: Khama ließ Rangers in den Reservaten mit scharfer Munition auf Wilderer schießen, trat für die Beibehaltung des Elfenbeinbanns ein und setzte das Verbot der Großwildjagd durch.

Kritik des Expräsidenten

Der in Großbritannien zum Offizier ausgebildete Ian Khama habe nur das Geschäft ausländischer Tourismusunternehmer betrieben, heißt es in Gaborone: Für die "Matswana", die Botswaner, sei dabei viel zu wenig abgefallen.

Der Expräsident verfolgt die Umtriebe seiner Partei mit Entsetzen. "Zu sehen, wie schnell etwas zerstört wird, was wir mühevoll aufgebaut haben, tut weh. Die Großwildjagd und das Keulen von Elefanten würden zur internationalen Isolierung Botswanas führen." Noch hält sich Nachfolger Masisi Optionen offen. Er werde entscheiden, wenn er alle Stimmen erwogen habe, sagte der Staatschef. Nur eine Stimme will er nicht hören: Dem Elefantenschützer Case sollte verboten werden, seine Studie öffentlich zu machen. (Johannes Dieterich, 5.3.2019)