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Ein Bild aus besseren Tagen: Justin Trudeau gratuliert im August 2017 Jane Philpott zu ihrer Angelobung als Ministerin für Dienstleistungen für Indigene. Nun trat sie zurück.

Foto: REUTERS/Chris Wattie/

Der Lack des Strahlemanns ist ab. Jahrelang galt Kanadas Premierminister Justin Trudeau als Popstar auf dem internationalen Politparkett. Doch nun könnte ein handfester Korruptionsskandal den Sonnyboy ins politische Aus befördern. Nachdem schon im Februar die Veteranenministerin Jody Wilson-Raybould und bald darauf Trudeaus engster Berater Gerald Butts zurückgetreten waren, folgte am Montag die für Regierungsfinanzen zuständige Ministerin Jane Philpott.

Im Zentrum der Affäre steht der kanadische Baukonzern SNC-Lavalin. Dieser soll in Libyen während der Regierungszeit des 2011 ermordeten Muammar Gaddafi Familienmitglieder des Diktators geschmiert haben, um sich Aufträge zu sichern. Insgesamt sollen Bestechungsgelder in der Höhe von 48 Millionen kanadischer Dollar (rund 31,8 Millionen Euro) geflossen sein.

SNC-Lavalin droht Ausschluss

Der weltweit tätige Konzern mit Sitz in Montreal beschäftigt fast 50.000 Mitarbeiter. Bei einem Schuldspruch wegen Korruption würde SNC-Lavalin für ein Jahrzehnt von den Bieterverfahren für öffentliche Aufträge ausgeschlossen sein. Eine strafrechtliche Verfolgung wollten die Konzernvertreter daher verhindern, sie lobbyierten für eine Strafzahlung anstelle eines Prozesses. Darauf gingen die Staatsanwälte nicht ein. Hier kommen die schweren Vorwürfe gegen Trudeau und seine Vertrauten ins Spiel.

Am 8. Februar hatte The Globe and Mail berichtet, dass das Büro des Regierungschefs die damalige Justizministerin und Generalstaatsanwältin Wilson-Raybould unter Druck gesetzt habe, gegen ein Strafverfahren zu intervenieren. Trudeau dementierte jegliche Einmischung, doch nur vier Tage später trat Wilson-Raybould von ihrem Posten als Veteranenministerin zurück, auf den sie erst knapp einen Monat zuvor versetzt worden war.

Vor einem Parlamentsausschuss berichtete sie Ende Februar von Drohungen und vermutete die Ursache für ihre Versetzung in der verweigerten Einflussnahme auf die Ermittlungen gegen SNC-Lavalin. Die am Montag (Ortszeit) zurückgetretene Philpott ist eine enge Freundin Wilson-Rayboulds. Sie begründete ihren Rücktritt mit dem Vertrauensverlust in die eigene Regierung: "Leider habe ich das Vertrauen diesbezüglich verloren, wie die Regierung mit dieser Angelegenheit umgegangen ist", erklärte sie.

Umfragetief für Trudeau

Schon im vergangenen Sommer hatte das öffentliche Bild des Vorzeigepolitikers Risse bekommen, als sich Trudeau mit dem Vorwurf sexueller Belästigung auseinandersetzen musste. Der Premier, der sich zuvor in der #MeToo-Kampagne klar positioniert hatte, wurde von einer Affäre aus dem Jahr 2000 eingeholt. Damals soll er bei einem Musikfestival eine Journalistin begrapscht haben. In seiner Entschuldigung erklärte er, er hätte zurückhaltender agiert, wenn er gewusst hätte, dass die Frau als Journalistin arbeite.

Für Trudeau kommt der Skandal zum schlechtesten Zeitpunkt: Im Oktober stehen in Kanada Parlamentswahlen an. In Umfragen liegt Trudeau klar hinter Konservativenchef Andrew Scheer. Die Hälfte der Kanadier meint, dass der Premier zurücktreten solle, drei Viertel sehen eine unangemessene politische Einflussnahme. (Michael Vosatka, 5.3.2019)