Die Masten der 380-kV-Leitung hier über den Felbertauern von Mittersill in Salzburg nach Matrei in Tirol. Künftig sollen auch zwischen dem Flachgau und dem Pinzgau die Masten stehen.

Foto: Thomas Neuhold

Bei den Freileitungsgegnern ist der Kampfgeist keineswegs gebrochen, auch wenn es einen Rückschlag gibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Dienstag den Bau der 380-kV-Leitung durch Salzburg abgesegnet. Mit einer Verfahrensdauer von 77 Monaten zählt das Vorhaben zu den am längsten geprüften Infrastrukturprojekten Österreichs, teilte der Projektbetreiber, die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG), mit.

Mit dem Bau der Salzburg-Leitung soll die letzte Lücke im 380-kV-Ring Österreichs geschlossen werden. Die geplante Stromleitung ist 113 Kilometer lang und verläuft zwischen Elixhausen im Flachgau und Kaprun im Pinzgau. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 800 Millionen Euro. "Mit den Vorbereitungen werden wir so rasch wie möglich starten. Mit einem Baubeginn ist voraussichtlich im Herbst zu rechnen", sagte APG-Sprecherin Elke Koch zum STANDARD.

Plan B

Der Streit um die Stromautobahn zieht sich bereits seit Jahren. Und er wird weitergehen. "Wir haben einen Plan B", sagte der Anwalt Wolfgang List, der die Freileitungsgegner vertritt. Der nächste Schritt sei eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die oberösterreichische und Salzburger Landesregierung gemeinsam hätten entscheiden müssen."

Entschieden hat im Dezember 2015 aber das Land Salzburg. Ein Schmerzensthema für die Grünen. Denn die ehemalige Salzburg Landesparteichefin Astrid Rössler trat im Wahlkampf 2013 mit dem Versprechen an, dass die Leitung nie kommen würde. Als Umweltlandesrätin musste sie den Bau schließlich bewilligen.

Diesen positiven Bescheid hat das Bundesverwaltungsgericht nun bestätigt – und damit die Beschwerden der zahlreichen betroffenen Gemeinden, Bürgerinitiativen und Privatpersonen abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren keine Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt, die schwerer wiegen würden als bereits im UVP-Verfahren berücksichtigt.

"Naturschutz hat jede Bedeutung verloren"

Für Wolfgang List eine sehr problematische Entscheidung. "Dann kann man in Österreich alles genehmigen. Wenn wir es brauchen, dann ist der Naturschutz wurscht." Auch wegen dieser Abwegungsklausel wolle er eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einreichen. "Der Naturschutz hat mit dieser Erkenntnis jede Bedeutung in Österreich verloren", sagte List.

Und an einem weiteren Detail der Entscheidung stößt sich der Anwalt: "Das Bundesverwaltungsgericht behauptet, Forstwirtschaft sei auf der Trasse weiter möglich. Schwammerln können sie vielleicht anbauen unter der Leitung oder Christbaumkulturen."

Kritik äußerte List auch an der Bekanntgabe des Bundesverwaltungsgerichtshofs. Er als beschwerdeführende Partei habe die Entscheidung auf Umwegen erst von Medien erhalten. "Das ist ein irre cooler, neuer Weg, wie Behörden Entscheidungen ausstellen", sagt List. "Das ist unwürdig, rechtsstaatlich und demokratiepolitisch äußerst problematisch."

Revision möglich

Sollte Plan B übrigens scheitern, gebe es auch noch einen Plan C, lässt der Anwalt wissen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung auch die Revision beim Verwaltungsgerichtshof in zwei Punkten ermöglicht. Dabei geht es um die Zuständigkeit der Behörde und um die Frage, welche Abholzungen für die Leitung in welchem Ausmaß als Rodungen zu werten sind. "Das ist ein klares Signal. Das Gericht lässt es zu, weil es um entscheidende Rechtsfragen geht, die noch nicht geklärt worden sind", meint List.

Das Land Salzburg reagierte zurückhaltend auf die Entscheidung. In einer Aussendung erklärten Land- und Forstwirtschaftslandesrat Josef Schwaiger (ÖVP) und Umweltlandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne): "Das Urteil nehmen wir zur Kenntnis." Die Interessenabwägung im Verfahren des Landes Salzburg sei als korrekt befunden worden. Schellhorn kündigte an, darauf zu achten, dass der Projektbetreiber alle Auflagen erfüllt. "Eine Teilverkabelung wäre uns lieber gewesen, war aber nicht Gegenstand des Verfahrens."

Meilenstein für Infrastruktur

Froh über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zeigte sich am Dienstag freilich der Projektbetreiber APG. Es sei ein wichtiger Meilenstein für die Energieinfrastruktur Österreichs. Mit der Salzburgleitung schaffe man die Voraussetzung dafür, dass der geplante massive Ausbau der erneuerbaren Energien wie Wind und Fotovoltaik ins Stromnetz integriert werden könne.

Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) begrüßte die Entscheidung. "Um Versorgungssicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, braucht Österreich eine moderne Infrastruktur mit zuverlässigen Stromnetzen. Gerade für den Wirtschaftsstandort Österreich ist ein integrierter und leistungsstarker Energiemarkt von essenzieller Bedeutung", teilte sie in einer Aussendung mit. Die Ministerin verwies auch auf das neue Standortentwicklungsgesetz, mit dem ab 2019 UVP-Verfahren für Großprojekte beschleunigt werden sollen. (Stefanie Ruep, 6.3.2019)